St. Gallen, Kantonsbibliothek, Vadianische Sammlung, VadSlg Ms. 302
Creative Commons License

Beschreibung für e-codices von Rudolf Gamper und Monika Studer, Kantonsbibliothek St. Gallen, Vadianische Sammlung, St. Gallen 2009.

Handschriftentitel: Rudolf von Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Grosse.
Entstehungsort: Zürich.
Entstehungszeit: Um 1300.
Frühere Signatur: B 15
Beschreibstoff: Pergament.
Umfang: 296 Blätter
Format: 30-30,5 x 20,5-21 cm.
Zustand: Wenige Löcher im Pergament, v.a. an den Blatträndern, teilweise genäht, z.B. Teil I Bl. 40, 202, Teil II Bl. 44, 58. Teil I Bl. 49, 90, 97 untere Ecke ausgeschnitten, mit Pergament ergänzt, Bl. 49r Text ergänzt; Teil I Bl. 95b, 140, Teil II Bl. 61, 75 Ränder abgerissen, Teil I Bl. 95b, Teil II Bl. 61 Textverlust, Fehlstellen mit Pergament ergänzt. Starke Gebrauchsspuren.
Seiteneinrichtung: Tintenlinierung, Schriftraum 21-22 x 13,5-14, 2spaltig (6), Verse abgesetzt, meist 40 Zeilen (selten 38, 39 oder 41 Zeilen).
Schrift und Hände: Textualis von vier Händen: erste Hand bis Teil I 207vb Konrad von St. Gallen, 110ra, Zeilen 14-18 Einschub von einem anderen Schreiber; zweite, unregelmässige Hand Teil I 207vb - Teil II 29vb; dritte Hand Teil II 29vb-76va, ohne den Nachtrag 32ra-33rb (siehe unten).
Buchschmuck:
  • Meist 2zeilige rote und blaue Lombarden mit Fleuronné in der Gegenfarbe. Bei den grossen Abteilungen in Teil I (Vers 8798, 15788, 20382, 21226, 21741, 26379, 26805, (vgl. Gustav Ehrismann (Hrsg.), Rudolfs von Ems Weltchronik. Aus der Wernigeroder Handschrift, Berlin 1915 (Deutsche Texte des Mittelalters 10), S. XVI;) 6-8zeilige (160vb 4zeilige) rot-blau ornamental gespaltene Lombarden mit reichem Fleuronné in den gleichen Farben und halb- bis ganzseitigen Fleuronnéstäben, bis 89rb Initien in Majuskeln, bei den Weltaltern zusätzlich Akrostichon: Vers 3794 Abraham, 8798 Moises, 21518 David.
  • Zu Beginn von Teil II ganzseitige rot-blau ornamental gespaltene Initiale mit Fleuronné in den gleichen Farben. 58 Miniaturen in Deckfarbenmalerei auf Goldgrund auf stärkerem Pergament, ikonografische Beschreibung in der Tabelle unten verzeichnet.
  • In Teil I bei den Abbildungen ausser 159v, 163v, 167v, 169v, 186v, 192v, 195r, 197r, 200v und 203v rote Doppelkreise neben den Bildern, vermutlich für Tituli.
  • Über den Bildern Einstiche für die Befestigung von Schutztüchlein, Bl. 203 Faden erhalten. Zum Erhaltungszustand der Bilder Beer S. 62-81.
Einband: Mit braunem Leder bezogene Holzdeckel, 2. Hälfte 15. Jh., Streicheisenlinien, je 5 Messingbuckel, Rücken aus der Restaurierung von 1987; Leimabdrucke von Fragmenten auf den Deckeln unter dem Einbandleder, 12. Jh. (oder früher) unlesbar, 14. Jh. lateinisches Mariengebet (Schneider S. 22), Fotos im Restaurierungsprotokoll; 2 nach vorn greifende Kantenschliessen aus der Restaurierung von 1935. Ehemals Signakel aus farbigen Fäden bei den Bildern, Reste erhalten. Vorsatzblätter (II-IV) Papier, Wasserzeichen Traube mit Krone, 19. Jh; Spiegel- und Vorsatzblätter (I, V) Pergament neu. Restaurierungsprotokoll von 1987 vorhanden.
Entstehung der Handschrift: Mundart: überwiegend hochalemannisch. Entstehungsort Zürich auf Grund des Schreibers Konrad von St. Gallen, Chorherr am Fraumünster, und des Inhalts (Karl der Grosse); die von Raeber vertretene These von Beziehungen nach Freiburg i.Br. ist nicht überzeugend ( Raeber/Bräm 1997, Raeber 2003). Zu Konrad von St. Gallen: Schneider S. 22-28; Martin Gabathuler, Die Kanoniker am Grossmünster und Fraumünster in Zürich. Eine Prosopographie von den Anfängen bis 1316, Bern 1998 (Europäische Hochschulschriften Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften Bd. 774), S. 139f.
Provenienz der Handschrift: Um 1600 im Besitz des Bartholomäus Schobinger auf Grund von Zitaten in Melchior Goldasts ‚Alamannicarum rerum Scriptores‘, Frankfurt 1606, Teil 1, S. 198 sowie Goldasts Notizen in der Handschrift Teil II 31v, 32r, 33vb.
Erwerb der Handschrift: Vor 1740 an die städtische Bibliothek, verzeichnet im Handschriftenkatalog von Anton Merz von 1740, S. 5: Biblische Historien Strykere mit gemahleten Figuren. B15.
Bibliographie:
  • Gustav Scherrer, St. Gallische Handschriften, in Auszügen herausgegeben. St. Gallen 1859, S. 1-11;
  • Gustav Scherrer, Verzeichnisse der Manuscripte und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in St. Gallen, St. Gallen 1864, S. 79;
  • Johann Rudolf Rahn, Geschichte der Bildenden Künste in der Schweiz von den ältesten Zeiten bis zum Schlusse des Mittelalters, Zürich 1876, S. 643f.;
  • Rudolf Von Ems, Weltchronik, Der Stricker, Karl der Grosse (Faksimile der Handschrift 302 der Kantonsbibliothek St. Gallen), Luzern 1982;
  • Peter Wegelin, Besitzer und Benützer der Handschrift 302 der Vadiana, in: Rudolf von Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Grosse. Kommentar zu Ms 302 Vad., Luzern 1987, S. 9-17;
  • Karin Schneider, Codicologischer und paläographischer Aspekt des Ms 302 Vad., in: Rudolf von Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Grosse. Kommentar zu Ms 302 Vad., Luzern 1987, S. 19-42;
  • Stefan Sonderegger, Die Sprachform der St. Galler Handschrift, in: Rudolf von Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Grosse. Kommentar zu Ms 302 Vad., Luzern 1987, S. 43-60;
  • Ellen J. Beer, Die Buchkunst der Handschrift 302 der Vadiana, in: Rudolf von Ems, Weltchronik. Der Stricker, Karl der Grosse. Kommentar zu Ms 302 Vad., Luzern 1987, S. 61-125;
  • Peter Wegelin, Kostbarkeiten aus der Vadiana St. Gallen in Wort und Bild. St. Gallen 1987, S. 34-42;
  • Lieselotte E. Saurma-Jeltsch, Das stilistische Umfeld der Miniaturen, in: Codex Manesse. Katalog zur Ausstellung vom 12. Juni bis 4. September 1988, Universitätsbibliothek Heidelberg, hrsg. von Elmar Mittler und Wilfried Werner, Heidelberg 1988, S. 339f., 633-636;
  • Martin Roland, Illustrierte Weltchroniken bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, Diss. (masch.) Wien 1991, S. 184-195 [http://paecht-archiv.univie.ac.at/dateien/DissertationRoland/dissinhalt.html];
  • Wolfgang Wallicek, Artikel Rudolf von Ems, VI. ‚Weltchronik‘, in: Verfasserlexikon2, Bd. 8 (1992), Sp. 338-342, Nachtrag Verfasserlexikon2, Bd. 11 (2004), Sp. 1344f.;
  • Jörn-Uwe Günther, Die illustrierten mittelhochdeutschen Weltchronikhandschriften in Versen. Katalog der Handschriften und Einordnung der Illustrationen in die Bildüberlieferung (tuduv-Studien, Reihe Kunstgeschichte 48), München 1993, S. 323-328 (Nr. 41);
  • Karl-Ernst Geith, Artikel Der Stricker, I. 'Karl', in: Verfasserlexikon2, Bd. 9 (1995), Sp. 419-423;
  • Danielle Jaurant, Rudolfs 'Weltchronik' als offene Form. Überlieferungsstruktur und Wirkungsgeschichte (Bibliotheca Germanica 34), Tübingen/Basel 1995, S. 209-212;
  • Judith Raeber und Andreas Bräm, Das Zisterzienserbrevier P4.4º in der Zentralbibliothek Luzern. Eine Bilderhandschrift aus der Freiburger Werkstatt der Weltchronik des Rudolf von Ems, Vad. 302, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 54 (1997), S. 59-68;
  • Judith Raeber, Buchmalerei in Freiburg im Breisgau. Ein Zisterzienserbrevier aus dem frühen 14. Jahrhundert. Zur Geschichte des Breviers und seiner Illustration, Wiesbaden 2003, hier S. 121-125;
  • Andreas H. Zajic und Martin Roland, Eine spätmittelalterliche Urkundenfälschung aus dem Augustiner-Chorherrenstift Dürnstein in Niederösterreich. Zugleich ein Beitrag zu illuminierten Urkunden des Mittelalters, in: Archiv für Diplomatik 57 (2005), S. 331-432, hier S. 392;
  • Ulrich Ernst, Facetten mittelalterlicher Schriftkultur. Fiktion und Illustration, Wissen und Wahrnehmung (Beihefte zum Euphorion 51), Heidelberg 2006, S. 186f.;
  • Susan Marti, Rudolf von Ems. Weltchronik, Stricker. Karl der Grosse, in: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Katalog zur 29. Ausstellung des Europarates in Magdeburg und Berlin und Landesausstellung Sachsen-Anhalt, Bd. 2, hrsg. von Matthias Puhle und Claus-Peter Hasse, Dresden 2006, S. 359-362.
Kodikologische Einheit: Vorsatz
Handschriftentitel: Vorsatz
Inhaltsangabe:
  • Ir-IIv leer.
  • IIIr-IIIv Karl Frommann, Inhalt dieses vorzüglichsten Manuscriptenbands. Schluss fehlt; das innere Doppelblatt des Papiervorsatzes ist verloren. Zu Frommanns Bewertung der Handschrift Wegelin S. 11.
  • IVr Notizen von Bibliothekaren, 20. Jh.
  • IVv leer.
Kodikologische Einheit: Teil 1
Handschriftentitel: Teil 1
Seitennummerierung: Neuere Foliierung (Teil II aus dem 19. Jh.): I-IV. [Teil I] 1-94. 95a. 95b-214.
Lagenstruktur: Lagen: [Teil I] (VI-3)9 + (VI-1)20 + 2 VI44 + 2 (VI-1)66 + 3 VI101 + (VI-1)112 + 2 VI136 + 2 (VI-1)158 + 2 VI182 + (V+2-2)192 + VI204 + (VI-2)214. Vor Blatt 1 fehlen eine Lage und drei Blätter, nach Blatt 19, 44, 56, 110, 144, 153, 189, 190, 204 und 214 fehlt je ein Blatt, Textverluste. Lagenzählung: am unteren Rand des letzten Blattes II.-XIX us,14. Jh., bis 158v 2-15, 15. Jh.; Blätter auf den Rectoseiten auf den ersten Zeilen zwischen den Spalten oder auf dem oberen Rand jeweils mit römischer Zahl und Buchstaben bezeichnet, sichtbar z.B. in der achten Lagen.
Spätere Ergänzungen: Korrekturen und Nachträge: Wenige Korrekturen von der Hand des Schreibers, z.B. 139vb, 160vb, 213va. Nachträge auf der untersten Zeile von der Hand des Schreibers mit Verweiszeichen, z.B. 156va, 201ra. Korrekturen 14. Jh., z.B. 26vb, 57va, 91va (auf Rasur). Weitere Rasuren z.B. 35va, 201rb. Durchgestrichene Verse, z.B. 35vb, 59ra. 6vb unten Notiz mit Stift, 14. Jh. 160rb, untere rechte Ecke Ußgang den [sic] erst bůchs der kunige, zweite Hälfte 15. Jh. 1r Biblische Historie in Versen mit Kupfer u. Mahlerey geziert, 18. Jh. 168v Federprobe 18. Jh. 73ra Ergänzung des Versendes, 19. Jh. (?).
Inhaltsangabe:
  • 1ra-214ra Rudolf von Ems: Weltchronik. // von Caucasas von Calpia / dc ostirt ist gelegin da …–… und hörent rehte waz ich sage. Gustav Ehrismann (Hrsg.), Rudolfs von Ems Weltchronik. Aus der Wernigeroder Handschrift, Berlin 1915 (Deutsche Texte des Mittelalters 10), S. 31-485, Verse 2034-34511.
    • Grössere Textlücke: 2rb Verse 2249-2396. Textverluste: vor 1ra fehlt eine Lage (Verse 1-2033), vor 20ra ein Blatt (Verse 5128-5223), vor 45ra ein Blatt (Verse 8964-9219), vor 57ra ein Blatt (Verse 10966-11061), vor 111ra ein Blatt (Verse 19039-19131), vor 145ra ein Blatt (Verse 23907-24002), vor 154ra ein Blatt (Verse 25311-25410), vor 190ra ein Blatt (Verse 30627-30718), vor 191ra ein Blatt (Verse 30879-30966), vor 205ra ein Blatt (Verse 32883-33042).
  • Bildliste (nach Beer 1987 und Roland 1991):
    • (15vb) vor Vers 4552: Zweite Verheissung Abrahams (Genesis 17) Abraham kniet betend auf einem Berg und blickt zum Himmel empor, wo Gott im Typus der Majestas Domini auf einem Thron sitzt, in der linken Hand ein Buch haltend, die rechte zum Segensgestus erhoben.
    • (16v) vor Vers 4636: Sara verstösst Agar und Ismael / Ein Engel tröstet Agar in der Wüste (Genesis 16 und 2, 14-16) Oben links tritt Sara mit warnend erhobenem Zeigefinger Agar entgegen, die ihr Kind Ismael im Arm trägt; an den beiden Bildrändern hinter den Frauen sind Türme abgebildet. Im unteren Register tritt ein Engel Agar in der Wüste entgegen; zwischen den beiden Figuren ist am Boden die hervortretende Quelle angedeutet, welche Agar und ihr Kind, das in einer Höhle rechts im Bild liegt, versorgen soll.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 20ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung, wie ein Engel verhindert, dass Abraham Isaak opfert.
    • (21v) vor Vers 5476: Jakob erschleicht den Segen Isaaks / Esau auf der Jagd / Esau vor Isaak (Genesis 27, 14-40) Oben streckt Jakob seinem blinden Vater Isaak seinen durch ein übergelegtes Fell behaart erscheinenden Arm entgegen, in der anderen Hand trägt er ein zum Mahl zubereitetes Böcklein; Isaak hat die rechte Hand zum Segensgestus erhoben; hinter Jakob steht seine Mutter Rebecca, die rechte Hand warnend erhoben. Unten ist in der linken Bildhälfte Esau auf der Jagd dargestellt, der mit seinem Bogen ein Böcklein schiesst; rechts bringt er seinem Vater das erlegte Tier, wird von diesem aber mit einer abwehrenden Geste zurückgewiesen.
    • (25v) vor Vers 6042: Jakobs Traum von der Himmelsleiter / Sein Gelübde zu Bethel (Genesis 28, 10-19) Keine Unterteilung des Bildes in Register. Am unteren Rand liegt der schlafende Jakob, rechts steht er in segnender Haltung an einem Altar. Diagonal durch das Bild hin zu Gott in der rechten oberen Ecke verläuft vom Kopf des träumenden Jakobs aus die Leiter, auf der ein Engel hoch und einer runter steigt; zwei weitere Engel - einer allerdings ohne Flügel und Nimbus - ergänzen das Bild.
    • (32v) vor Vers 7112: Joseph und die Frau des Putiphar / Joseph wird angeklagt (Genesis 7-18) Oben hält die auf einem Bett sitzende Frau des Putiphar Josefs Mantel fest, so dass dieser ihn abstreift, um entkommen zu können. Unten tritt die Frau, begleitet von einer Dienerin, ihrem Mann und seiner Gefolgschaft entgegen, Josef verleugnend, indem sie seinen Mantel als Beweisstück vorzeigt.
    • (39r) vor Vers 8076: Jakob zieht mit den Seinen nach Ägypten / Joseph empfängt den Vater und die Brüder (Exodus 46, 1-7 und 28-30) Oben ist ein von einem grauen Pferd gezogener Wagen dargestellt, in dem die Frauen von Jakobs Söhnen unter einer grünen Plache sitzen; zwei Reiter folgen; ein Mann (Jakob?) in grünem Kleid und gelbem Judenhut steht am rechten Bildrand hinter dem Pferd. Unten begrüsst Josef nach langer Trennung seine Familie.
    • (45v) vor Vers 9334: Berufung des Moses (Exodus 3, 1-7) Unten links sitzt Moses als Schafhirte mit seinen Tieren; im Hintergrund sind Bäume abgebildet. Moses‘ Blick und seine linke Hand sind nach oben ausgerichtet, wo Gottvater in einem separaten Feld, das nur die linke Spalte der Seite einnimmt, in einer Mandorla sitzt.
    • (50r) vor Vers 9974: Das Schlangenwunder vor dem Pharao (Exodus 7, 8-13) Oben links thront der Pharao mit Krone und Zepter, erhobenem rechtem Zeigefinger und übergeschlagenem Bein; ihm gegenüber stehen Aaron und Moses; Ersterer wirft Moses‘ Stab zu Boden, wobei der zu einer Schlange wird, welche das obere Register mit dem unteren verbindet. Unten stehen an den Bildrändern die zwei Zauberer des Pharaos, deren Stäbe ebenfalls zu Schlangen geworden sind, die allerdings von Moses‘ Schlange verschlungen werden.
    • (54v) vor Vers 10646: Israels Auszug aus Ägypten (Exodus 13, 17-22) Oben ist das Volk Israels dargestellt, welches, das Vieh vor sich her treibend, aus Ägypten auszieht. Unten links ist wiederum das Volk dargestellt, rechts die Feuersäule, auf die Moses mit ausgestrecktem rechtem Zeigefinger deutet. In der Mitte des oberen Registers ist die Sonne abgebildet, über dem unteren der Mond.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 57ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich zweiregistrige Abbildung vom Wachtelwunder und dem Mannaregen.
    • (61r) vor Vers 11724: Gottes Erscheinen auf dem Berg Sinai (Exodus 19) Unten links steht Moses, ihm gegenüber, abgetrennt durch einen Berg mit einem Baum auf der Spitze, vier Männer, wobei der vorderste möglicherweise Aaron darstellt. Alle Personen richten ihren Blick, manche auch ihre Hände nach oben, wo Gott als Majestas Domini in einer Mandorla thront.
    • (65r) vor Vers 12310: Moses schaut das Hinterhaupt Gottes / Moses bringt neue Gesetzestafeln (Exodus 33, 18-23 und 34, 29-35) Oben links ist der Berg Sinai abgebildet, im Vordergrund der betende Moses; rechts ist in einer zweifachen Wolkengloriole und mit Kreuznimbus der Hinterkopf Gottes zu sehen, den anzublicken Moses erlaubt worden war. Unten ist Moses nach seiner Gottesbegegnung zu sehen, wie er zum Volk spricht; sein Kopf ist von Flammen umgeben, der rechte Zeigefinger mahnend erhoben, in der linken, durch seinen Mantel verdeckten Hand trägt er die Gesetzestafeln.
    • (73v) vor Vers 13584: Die Kundschafter mit der Traube / Die Israeliten wollen Moses und Aaron steinigen (Numeri 13, 17-27) Oben sind die zwei heimkehrenden Botschafter mit der Traube dargestellt, die sie an einer Stange zu Moses und Aaron tragen. Die Darstellung der unteren Szene wurde in der Forschung verschieden gedeutet (vgl. BEER S. 66f.), womöglich überlagern sich im Bild die Szenen von der Steinigung der Botschafter und derjenigen von Moses und Aaron; eindeutig ist in der rechten unteren Ecke die Bundeslade im Bundeszelt zu erkennen.
    • (76v) vor Vers 14004: Moses spricht mit den Fürsten Israels / Aarons grünender Stab (Numeri 17, 16-23) Oben in der Mitte ist Moses abgebildet, der sich mit mahnend erhobenem Zeigefinger an die lebhaft mit ihren Händen agierenden Fürsten des aufbegehrenden Volkes Israel wendet; unten zeigt Moses, den Fürsten Israels zugewandt, auf den grünenden Stab Aarons, den er in seiner linken Hand hält; in der rechten unteren Bildecke ist das Bundeszelt abgebildet, in dem sich für jeden Stamm ein Stab befindet.
    • (78v) vor Vers 14242: Moses fleht Gott um Hilfe an / Die eherne Schlange (Numeri 21, 4-9) Oben in der Mitte steht die Bundeslade im Bundeszelt, links davon kniet Moses im Gebet, den Blick aufwärts gerichtet zu Gott, dessen Antlitz mit Kreuznimbus aus einer Wolke heraus ihm zugewendet ist; rechts stehen drei Israeliten, die ebenfalls zu Gott hoch blicken. Unten links kniet das betende Volk; im Zentrum des Registers hängt die eherne Schlange an einem Holzgestell; rechts steht Moses, mit ausgestrecktem Finger auf die rettende Schlange hinweisend.
    • (81r) vor Vers 14608: Balaam und der Engel / König Balac reitet Balaam entgegen (Numeri 22, 21-35) Der Prophet Balaam, jeweils links in beiden Registern, ist auf seinem Esel unterwegs zu König Balac. Oben wird er von einem Engel mit erhobenem Schwert aufgehalten; Balaam erkennt den Engel erst, als sein Reittier, das aufgrund seines Scheuens von Balaam geschlagen wird, sich zu ihm umwendet und zu ihm spricht. Unten trifft Balaam auf König Balac und dessen Gefolge; der König und der Prophet haben grüssend die Hand erhoben.
    • (88v) vor Vers 15744: Moses nimmt Abschied von seinem Volk und wählt Josue zu seinem Nachfolger / und wird im Tal Moab von Gott bestattet (Numeri 27, 12 und Deuteronomium 34, 6) Oben wendet sich Moses mit erhobenem Zeigefinger zum letzten Mal an sein Volk, das in der rechten Bildhälfte vor ihm kniet; Josue ist aus der Menge hervorgetreten und beugt in der Mitte des Registers vor Moses das Knie. Unten links steht Moses hinter einem Felsen und segnet das Land Kanaan; rechts häuft Gott mit einer Schaufel Erde auf den in einer Felshöhle begrabenen toten Moses.
    • (91r) vor Vers 16078: Josue lässt die Bundeslade gegen Jericho tragen / Die Eroberungen von Jericho (Josue 6, 6-21) Oben tragen gepanzerte und bewaffnete Männer die Bundeslade nach Jericho; unten wird Jericho in heftigem Kampf erobert.
    • (95ra) vor Vers 16636: Josua reitet nach Gabaon / Die Schlacht / und die Entdeckung und Tötung der fünf Könige (Josue 10, 7 - 14, 19-21) Im oberen Register reitet Josue mit seiner Ritterschar als Unterstützung für die Belagerten auf die Stadt Gabaon zu; mit erhobenem Zeigefinger fordert er die rote Sonne auf, noch nicht unterzugehen. Unten gehen zwei Kampfesszenen ineinander über: Links sieht man die teilweise verwundeten Kämpfenden, zu ihren Füssen erschlagene Feinde; rechts entdeckt ein Krieger die in einer Höhle versteckten fünf Könige, gegen die er sein Schwert erhebt; im Hintergrund sind weitere Kämpfende.
    • (97v) vor Vers 17136: Josue giesst Wasser auf die Erde / und redet mit dem Volk Israel zu den Siechen (nicht in Josue überliefert, bezieht sich auf die Verse 17211ff.) Oben links giesst Josue Wasser aus einem Gefäss auf die Erde, um den in der rechten Registerhälfte stehenden und sich ihm zuwendenden Männern beispielhaft vorzuführen, was mit jenen geschieht, die sich von Gott abwenden. Unten ist Josue von den Israeliten umgeben um spricht vor seinem Tod nochmals zu ihnen.
    • (105v) vor Vers 18376: Gedeons Vlies (Richter 6, 36-40) Oben links breitet Gedeon das Schaffell auf dem Boden aus, um es vom Tau durchnässen zu lassen; rechts windet er es über einem Becken aus. Unten hebt Gedeon das trocken gebliebene Fell vom ansonsten taunassen Boden auf, wobei sein Blick himmelwärts gerichtet ist; rechts und links von ihm sind je ein Turm und ein Baum abgebildet.
    • (107v) vor Vers 18628: Gedeons Krieger mit Hörnern und Feuerschalen / Die Schlacht gegen die Madianiter (Richter 7,16-22) Gedeons Krieger blasen in die Hörner, wie ihr Führer es angeordnet hatte; in den Händen tragen sie Feuerbecken. Unten schlagen die erschreckten Madianiter sich gegenseitig tot.
    • (109r) vor Vers 18800: Gedeons Strafgericht über Phanuel / und Soccoth (Richter 8,13-17) Oben ist vermutlich die Eroberung Phanuels dargestellt: Links versucht ein Israelit über eine Leiter in die Stadt einzudringen, die von einem Ritter mit Schwert und Schild verteidigt wird; zwei weitere Ritter sind am linken Bildrand dargestellt; rechts unternehmen die Belagerten, dargestellt als zwei Krieger, einen Ausbruch aus ihrer Stadt, wobei einem der beiden das Haupt gespalten wird. Unten schleifen Pferde zwei halbnackte, blutüberströmte Männer zu Tode - die Strafe an den Ältesten von Soccoth; im Hintergrund sind Bäume abgebildet.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 111ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich zweiregistrige Abbildung mit dem thronenden Abimelech und wie Jotam die Baumfabel erzählt.
    • (112r) vor Vers 19308: Abimelech legt Feuer an die Stadt Thebes / Sein Tod (Richter 9,50-55) Unten in der Mitte, mit Krone, Schild und Fackel, steht Gedeons Sohn Abimelech, der nach dem Tod seines Vaters Feuer an die Stadt Thebes legt; sein Blick sowie diejenigen seiner Krieger sind nach oben gerichtet, wo die eigentliche Brandstiftung dargestellt ist: Links von dem am Boden knienden Abimelech mit der Fackel ist die Stadt abgebildet, von deren Turm aus eine Frau einen Stein auf Abimelech wirft, wodurch dieser zu Tode verletzt wird; rechts im Bild stehen Abimelechs Krieger, wobei der vorderste seinen Herrn mit dem Schwert tötet, um dessen Ehre zu retten.
    • (113v) vor Vers 19472: Jephtes Tochter geht ihrem Vater entgegen / Ihre Opferung (Richter 11,30-40) Von der linken Seite im oberen Register reitet Jephtes Heer aus dem Kampf heim; an der Spitze ist Jephte, der die rechte Hand nach seiner Tochter ausstreckt, die ihm auf einer Harfe musizierend entgegen tritt und die er in der Folge Gott opfern muss, was im unteren Teil des Bildes, das nur noch die linke Spalte umfasst, dargestellt ist.
    • (120v) vor Vers 20548: Samson bezwingt den Löwen / Samson nimmt Honig aus dem Maul des Löwen (Richter 14,5-9) Oben rechts hat Samson, mit wehendem langem Haar und Mantel, sich auf den Löwen gestürzt und reisst dessen Kiefer auseinander; links sind Samsons Eltern abgebildet, die das Geschehen betrachten. Unten entnimmt Samson dem Rachen des toten Löwen Honig und gibt seinem Vater davon mit ausgestrecktem Zeigefinger zu kosten; die Mutter steht als Beobachterin am rechten Bildrand; um das Maul des Löwen fliegen Bienen.
    • (122v) vor Vers 20800: Samson jagt die Füchse in die Felder der Philister / Die Philister werden von Samson mit dem Kieferknochen eines Esels erschlagen (Richter 15,5-19)Oben jagt Samson vier Füchse mit an die Schwänze gebundenen Fackeln in ein bereits brennendes Kornfeld der Philister; unten links hat er den blutverschmierten Kieferknochen eines Esels zum Schlag gegen die mit Schwerter bewaffneten, blutenden Philister erhoben. In der rechten unteren Ecke kniet Samson am Boden und trinkt Wasser aus dem Eselskiefer.
    • (124v) vor Vers 21054: Die Philister feiern das Fest ihres Gottes Dagon / Der blinde Samson reisst die Säulen des Palastes ein (Richter 16,23-30) Oben ist das Dagon-Fest der Philister abgebildet, das an der ikonografischen Tradition der Anbetung des Goldenen Kalbes angelehnt ist: In der Mitte des Registers findet sich auf einem Sockel thronend das Götzenbild in Gestalt eines Kalbes, rechts und links davon die Verehrenden, auf ihren Köpfen Judenhüte. Unten steht der geblendete Samson im Bogen des Palastes der Philister; in den Fenstern sind sechs Gesichter von Feiernden zu sehen, die zu Samson hinunter schauen; dessen Hände sind um die beiden Säulen des Gebäudes gelegt, ikonografisch steht er dabei in der Tradition des byzantinischen Zwei-Säulen-Typus, der auf die Kreuzigung Christi verweist.
    • (126v) vor Vers 21304: Scheinflucht der Israeliten vor dem Stamm Benjamin / Die Israeliten erobern Gabaa (Richter 20,29-42) Oben links ist die Stadt Gabaa abgebildet, aus der Benjaminiter stürmen; ein Ritter verletzt mit seinem Schwert einen der zum Schein fliehenden Israeliten. Unten erstürmen die Israeliten Gabaa und setzen die Stadt in Brand, über der eine rote Wolke hängt.
    • (132v) vor Vers 22165: Die Philister rauben die Bundeslade / Helis Tod (1 Könige 4,1-11, 12-18) Oben in der Mitte tragen zwei Philister, sich unter dem grossen Gewicht ausbalancierend, die Bundeslade; rechts und links im Bild ist eine Schlacht dargestellt. Unten überbringt ein junger Bote Heli die Nachricht über den Raub der Bundeslade sowie den Tod seiner Söhne; aus Schock über die Botschaft ist Heli mitsamt seines Stuhls umgefallen.
    • (135v) vor Vers 22607: Samuels Opfer zu Masphath / Ein Unwetter treibt die Philister in die Flucht / Samuel errichtet einen Gedenkstein (keine direkte Anknüpfung an 1 Könige 7,9-12) Oben links opfert Samuel auf einem Altar ein Tier; rechts fliehen die Philister vor den sich aus einer roten Wolke entladenden Regen- und Hagelschauern. Im unteren Register steht rechts Samuel in einem Tempel, die Hände noch auf den Altar gelegt, den er eben errichtet hat; hinter ihm steht eine grosse Gruppe von Juden.
    • (140v) vor Vers 23341: Jonathas steigt mit seinem Gefährten vom Felsen / Das Kampfgetümmel unter den Philistern (1 Könige 14,4-16) Oben ist ein begrünter Fels dargestellt, von dem Jonathas und sein Gefährte auf allen Vieren herunterklettern; im Hintergrund befindet sich ein weiterer Felsen. Die gezückten Schwerter und die Abwärtstendenz der beiden erwecken den Eindruck, dass sie sich in das unten abgebildete Kampfgewühl der Philister stürzen; Jonathas‘ Schwert durchbricht die Abgrenzung zwischen den beiden Registern und spaltet einem der Kämpfenden den Schädel.
    • (143r) vor Vers 23677: Saul versucht Samuel festzuhalten / Samuel tötet den König Agag (1 Könige 15,27-33) Oben in der Mitte sind Saul und Samuel dargestellt: Saul, auf einem Thron sitzend, hält die Hand des sich von ihm in der Körperhaltung abwendenden Samuels fest und versucht, ihn zurückzuhalten; am rechten Bildrand steht ein Schwertträger, am linken sind zwei Türme angedeutet, die gemeinsam mit den roten Arkaden über den Figuren den Palast darstellen. Unten tötet Samuel mit seinem Schwert den auf einem Thron sitzenden König Agag; am linken und am rechten Rand der Darstellung steht je ein Bediensteter. Die Darstellungen von Saul und von Agag in den beiden Registern sind sich sehr ähnlich und entsprechen der mittelalterlichen ikonografischen Tradition der Königsbilder.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 145ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung vom Kampf Davids gegen Goliath.
    • (150r) vor Vers 24815: Saul und Doeg / Tötung der Priester (1 Könige 22,9-19) Oben ist durch die rote Arkadenreihe Sauls Palast angedeutet; der König sitzt auf seinem Thron, im Hintergrund ein Diener; mit erhobenem rechten Zeigefinger wendet Saul sich an die drei Ritter, die auf der rechten Registerseite stehen und deren vorderster Doeg ist, der David und die Priester von Nobe an Saul verrät. Unten links ist Doeg mit erhobenem Schwert und wehenden Haaren dargestellt, wie er die vor ihm knienden Priester, allen voran Achimelech, erschlägt; die am rechten Bildrand nach rechts ausgerichtete und sich entfernende Figur ist Abiathar, der als einziger der Hinrichtung durch Doeg entkommt.
    • (152v) vor Vers 25151: David schneidet ein Stück von Sauls Mantel ab / David kniet vor Saul (1 Könige 24,4-23) Saul, rechts im Bild im oberen Register und sich nach rechts bewegend, bemerkt nicht, wie David mit einem Messer ein Stück seines Mantels, der an den Ast eines Baumes gehängt ist, abschneidet. Unten kniet David vor Saul; die beiden reden miteinander, was durch Gesten angedeutet wird. In beiden Registern hat es mehrere Bäume.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 154ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Illustration zur Abigail-Geschichte und/oder wie David Sauls Krug entwendet.
    • (159v) vor Vers 26303: Die Philister verfolgen Saul / Sauls Tod (1 Könige 31,1-6) Oben werden Saul und sein Waffenträger, beide mit Schwertern bewaffnet, von mit Bogen ausgerüsteten Philistern verfolgt. Unten links stehen die Pferde von Saul und seinem Begleiter unter einem Baum; die Reiter sind abgestiegen und stürzen sich, von einem Felsen verborgen, in ihre Schwerter.
    • (163v) vor Vers 26857: Ein Bote bringt David Krone und Armreife Sauls / David lässt den Boten enthaupten (2 Könige 1,1-16) Oben rechts sitzt König David auf seinem Thron; mit ausgestrecktem Arm deutet er nach links auf den Boten, der vor ihm kniet und ihm die Krone und die Armreife Sauls reicht; rote Arkadenbögen deuten den Palast an, in dem die Szene sich abspielt; hinter David und dem Boten steht je ein Waffenträger. Im unteren Register schlägt ein Krieger Davids dem Boten den Kopf ab.
    • (167v) vor Vers 27451: Begegnung Joabs und Abners / Joab ersticht Abner (2 Könige 2,12-15 und 3,27) Oben in der Mitte sind vor einem Baum zwei Reiter abgebildet, die vermutlich als Joab und Abner zu deuten sind, welche am Bach in Gabaon eine Vereinbarung treffen; die Gesten der beiden sowie diejenige ihrer Gefolgsleute zeigen an, dass eine Kommunikation stattfindet. Unten in der Mitte steht Abner, der vom gerüsteten und mit einem Schwert bewaffneten Joab überlistet wurde und nun erstochen wird; ein Waffenträger am linken Bildrand sowie zwei weitere auf der rechten Seite hinter einem Bäumchen vervollständigen die Szenerie.
    • (169v) vor Vers 27697: Eroberung Jerusalems (2 Könige 5,6-8) Dargestellt wird eine einzige Szene: Davids Heer, allen voran Joab, der mit einem Schild in der Hand eine Leiter erklimmt, nehmen von der linken Bildseite her kommend die Stadt Jerusalem ein. Rechts im Bild verteidigen die Jebusiter ihre Stadt von den Turmzinnen aus mit Schwertern, Steinen und Pfeil und Bogen.
    • (172v) vor Vers 28117: David holt die Bundeslade nach Jerusalem / Michol spottet über David (2 Könige 6,6-8 und 20-23) Oben tragen Davids Ritter die Bundeslade zum König, der am rechten Bildrand auf der Harfe spielend abgebildet ist; die Blicke fast aller Personen sind auf den Schrein hin ausgerichtet. Unten rechts sitzt Davids Frau Michol unter einem architektonischen Gebilde; mit erhobenem Zeigefinger verspottet sie den in der Mitte des Registers stehenden David wegen seines Tanzes vor der Lade; David weist ihren Hohn mit einer abwehrenden Geste zurück; hinter David stehen seine Gefolgsleute, hinter Michol eine Dienerin.
    • (177r) vor Vers 28758: Tod des Urias / Joabs Bote vor David (2 Könige 11,14-25) Oben ist dargestellt, wie Bethsabes Ehemann Urias auf Davids Geheiss hin erschlagen wird; die Mörder treten dazu aus der Stadt heraus, hinter Urias folgen dessen Ritter. Unten ist abgebildet, wie ein Bote dem in seinem Palast sitzenden König David die Nachricht von Urias‘ Tod überbringt; zwei Bedienstete stehen am linken und am rechten Bildrand.
    • (178v) vor Vers 28939: Nathans Strafpredigt vor David / Nathan und der büssende David (2 Könige 12,1-15) Oben sind David und Bethsabe mit zwei Höflingen an der gedeckten Tafel dargestellt; von links tritt der Prophet Nathan heran und hält seine Strafpredigt vor der Hofgesellschaft. Unten links steht Nathan vor Davids Palast, den er eben verlassen hat, was durch die geöffnete Tür angedeutet ist; der König ist ihm gefolgt und kniet nun um Vergebung bittend im Bussgewand vor ihm.
    • (186v) vor Vers 30139: Tod Absaloms / Sein Begräbnis (2 Könige 18,9-17) Oben in der Mitte ist Davids Sohn Absalom abgebildet, der sich in voller Rüstung mit seinem Haar in den Ästen eines kahlen Baumes verfangen hat. Durch Bogenschüsse des von links heranreitenden Joabs und dessen Soldaten wird Absalom getötet (zur Ausdeutung der Szene, Ikonografie und Typologie vgl. Beer S. 74ff.); rechts im Bild ist Absaloms Maultier abgebildet, das sich aus der Szenerie raus bewegt. Unten werden von Soldaten Steine um den toten, aber aufrechten Körper Absaloms geschichtet; im Hintergrund sind zwei Bäume zu sehen.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 188ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung von Davids Philisterschlachten.
      Auf dem fehlenden Blatt vor 190ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung von David mit einem Schreiber und einem Musiker.
    • (192v) vor Vers 31221: Der Engel Gottes schlägt Israel mit der Pest / David bittet den Engel um Gnade für sein Volk (2 Könige 24,15-17) Oben links steht ein Engel mit einem Schwert, der das Volk tötet, das von rechts auf ihn zu kommt; unter dem Schwert liegen Tote und Sterbende. Im unteren Register kniet rechts David im Büssergewand vor einer Mauer (diese stellt vermutlich Jerusalem dar) und bittet den Engel, der immer noch das blutige Schwert mit sich trägt, um Gnade für sein Volk.
    • (195r) vor Vers 31551: Salomon wird zum König gesalbt / Das Volk huldigt dem neuen König (3 Könige 1,33-48) Oben links reitet Salomon auf Davids Maultier heran, im Gefolge zwei Bedienstete; rechts, abgetrennt durch einen Baum, wird Salomon von Sadoc zum König gesalbt. Unten sitzt Salomon als König in der Mitte auf einem Thron unter einem weissen Baldachin; links und rechts von ihm kniet huldigend das Volk, mit dabei auch König David.
    • (197r) vor Vers 31801: Davids Tod / Das Begräbnis (3 Könige 2,10-12) Oben ist David auf dem Totenbett dargestellt, von rechts tritt das trauernde Volk heran, allen voran Königin Bethsabe, weiter rechts Salomon. Unten links steht ein Mann mit einer Schaufel auf der Schulter, vor ihm ein Sarkophag, der von einem Priester beräuchert wird; rechts im Bild stehen Bethsabe und Salomon sowie ein Höfling, vor ihnen ein verzierter Salbstein, welcher der Einbalsamierung des Leichnams gedient hatte.
    • (200v) vor Vers 32283: Das Urteil Salomons (3 Könige 3,16-28) Die Darstellung von Salomon als gerechten Richter nimmt das ganze Bild ein: Salomon, rechts auf einem erhöhten Thron sitzend, verkündet mit ausgestrecktem Arm sein Urteil, um das er von den beiden links unten knienden Frauen angefragt worden war; Gegenstand der Verhandlung war die Frage, welcher der Frauen das Kind zuzusprechen ist, das von einem Ritter auf dem Arm gehalten wird; die Darstellung des Knaben entspricht dem Typus des Jesuskindes mit einer Kugel in der Hand. Die beiden Frauen, wobei die hintere dem König bittend die Arme entgegen reckt, die vordere hingegen eher abwartend ist, werden ikonografisch als Ecclesia und Synagoga gedeutet. Hinter den Frauen links im Bild ist ein Waffenträger mit erhobenem Schwert abgebildet.
    • (203v) vor Vers 32707: Salomon weiht den Tempel ein (3 Könige 8,62-64) In der Mitte der Darstellung kniet Salomon im neu errichteten Tempel und betet zu Gott, dem er auf einem Altar ein Opfer darbringt; hinter ihm steht ein wie ein Bischof bekleideter Mann, der den Tempel mit einem Wedel aus Zweigen einsegnet, wobei ein Junge ihm das Weihwassergefäss hinreicht; ganz links am Bildrand stehen weitere Gläubige im Gebet, oben ist die Architektur des Tempels angedeutet, rechts über dem Altar sind drei Lichter an der Wand befestigt.
Kodikologische Einheit: Teil 2
Handschriftentitel: Teil 2
Seitennummerierung: Neuere Foliierung (Teil II aus dem 19. Jh.): [Teil II] 1-76. V.
Lagenstruktur: [Teil II] VI12 + (VI+1)25 + VII39 + (VI-3)48 + VI60 + (VI+3-1)74 + (II-2)76. Das Doppelblatt 32/33 ist später zugefügt; nach Blatt 40, 45, 47 und 74 fehlt je ein Blatt, nach Blatt 75 ein Doppelblatt, Textverluste. Lagenzählung: am unteren Rand des ersten Blattes .I.-.VI., 15. Jh.
Spätere Ergänzungen: Wenige Korrekturen von der Hand der Schreiber, z.B. 11vb, 34ra. Nachträge auf der untersten Zeile von der Hand der Schreiber mit Verweiszeichen, z.B. 9va, 58vb. 32/33 später eingefügtes Doppelblatt, Ergänzung von 292 fehlenden Versen mit Verweiszeichen in Form von Kreuzen; Verweis auf 36ra. Weitere Verweiszeichen 31v und 34r. 31v ker zwei plat umb, 32r kerumb vier plätter, 33vb ker umb zwei plätter von der Hand Melchior Goldasts, um 1600. 15va und 17vb Notizen mit Stift, 14. Jh. 59ra unten Federproben. 1r Vita Caroli, 16.-17. Jh., möglicherweise von der gleichen Hand 1r und 1v NB. Foliierung des 19. Jhs. wohl im Zusammenhang mit der Edition von Bartsch; von der gleichen Hand Hinweise auf die Textlücken 40v, 45v, 47v, 74v und 75v. Verszählungen mit Bleistift, Bleistiftanmerkungen über fehlende Verse, z.B. 34v. Rasur auf 32rb hinter Vers 5157: o vach vach […] , Schluss nicht lesbar.
Inhaltsangabe:
  • 1ra-76va Der Stricker: Karl der Grosse. Ich han gemerket einen list / swaz in des mannes herzen ist …–… wie sante Karlen geschehen. >Amen.< Karl Bartsch (Hrsg.), Karl der Grosse von dem Stricker (Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur 35), Quedlinburg/Leipzig 1857 (Nachdruck mit einem Nachwort von Dieter Kartschoke, Berlin 1965), S. 1-322, Verse 1-12206, Varianten unter der Sigle A; zur Hs. S. XXXVIf. 32ra-33vb Textergänzung zu 36ra (Verse 5053-5384), auf 36ra Fehlen der Verse 5057-5350. Textverluste: vor 41ra fehlt ein Blatt (Verse 6138-6230), vor 46ra ein Blatt (Verse 7061-7152), vor 48ra ein Blatt (Verse 7473-7564), vor 75ra ein Blatt (Verse 11515-11674), vor 76ra ein Doppelblatt (Verse 11835-12090).
  • Bildliste (nach Beer 1987 und Roland 1991):
    • (3v) vor Vers 407: Der Engel überreicht Karl Schwert und Horn / Karl legt beide in Rolands Hände Oben liegt Karl auf seinem Bett; von rechts kommt ein Engel aus einer Wolke in den Raum hinein und überreicht dem Kaiser das Schwert Durndart und das Horn Olifant; am Boden liegen die zwölft Paladine Karls (in Analogie zu den zwölf Aposteln) und schlafen. Unten übergibt Karl, auf einem Thron sitzend, Schwert und Horn dem vor ihm knienden Roland; hinter Karl steht ein Waffenträger, hinter Roland Bischof Turpin sowie ein Bediensteter.
    • (6v) vor Vers 815: Roland treibt die Heiden in die Flucht / und erobert Tortosa Oben verfolgen die Franken eine Gruppe von Heiden; als vorderster Verfolger reitet Roland, in sein Horn blasend, wobei die Töne des Olifant durch Wellenlinien ins Bild gebracht werden; nicht weit hinter Roland folgt Karl mit gezogenem Schwert. Unten kommt das fränkische Heer von links auf Tartosa zugeritten, wiederum angeführt von Roland, Karl dicht hinter ihm; rechts zerschlagen zwei fränkische Krieger mit ihren Schwertern ein nacktes Götzenbild.
    • (25r) vor Vers 3761: Warnträume Karls vor seiner Rückkehr nach Frankreich Das Bild ist in vier Register unterteilt: Oben links liegt der schlafende Karl auf seinem Lager, die drei anderen Bilder zeigen seine Warnträume; über den durchgehenden Untergrund ist die Darstellung oben links mit dem ersten Traum oben rechts verbunden. Dieser Traum zeigt König Karl mit seinem Gefolge und mit der Lanze in der Hand; der von rechts kommende Genelun will ihm diese entreissen, doch sie zerbricht; ausserhalb des Bildes sind rote Feuerzungen abgebildet. Unten links ist in der Mitte ein Bär zu sehen, der sich in den Arm des auf seinem Thron sitzenden Königs verbeisst, während der Bärenwärter und sein Gehilfe das Tier nicht davon abbringen können. Unten rechts beisst im Vordergrund ein schwarzgefleckter Hund einen Leoparden tot, während Karl sowie zwei Höflinge die Szene passiv verfolgen.
    • (26v) vor Vers 3937: Karl ernennt Roland zum Statthalter von Spanien / Roland gibt eine Probe seiner Kraft (Lanzenwunder) Links im oberen Register kniet Roland im roten Waffenrock vor Karl, der in einem fellgefütterten Mantel auf einen Thron sitzt und Roland zum Statthalter Spaniens krönt, wobei er ihm auch die Fahnenlanze übergibt; auf der rechten Seite stehen Bischof Turpin und zwei Waffenträger. Unten reiten von links Karl und sein Gefolge, von rechts Roland mit seinen Rittern, darunter Turpin, aufeinander zu; Roland stösst den Lanzenschaft in einen Stein, so dass er darin versinkt, was seine Auserwählung durch Gott beweist.
    • (35v) vor Vers 5019: Schlacht Rolands und Turpins gegen die Heiden bei Roncesvalles / Roland tötet den heidnischen Heerführer Alderot Oben ist das fränkische Heer dargestellt, das mit Roland an der Spitze (mit kronengeschmückten Helm) und hinter ihm Bischof Turpin (mit einer Mythra) den Heiden mit erhobenen Schwertern und eingelegten Lanzen entgegen stürmt. Unten spaltet Roland mit seinem Schwert König Alderot bis zu den Hüften; beiden Anführern folgen ihre Heere.

      Auf dem fehlenden Blatt vor 41ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung vom Sieg der Christen.
      Auf dem fehlenden Blatt vor 46ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung des Zweikampfs von Roland mit König Marsiles.
      Auf dem fehlenden Blatt vor 48ra verlorengegangene Miniatur, darauf vermutlich Abbildung vom Tod Oliviers.
    • (50v) vor Vers 7967: Kampf Turpins und Rolands, dritter Hornruf / Abschied Rolands von Turpin / Roland erschlägt einen Heiden mit dem Horn Oben in der Mitte steht Roland inmitten des Schlachtgetümmels und bläst zum dritten Mal in sein Horn, um Kaiser Karl herbeizurufen; links und rechts von ihm preschen Kämpfer heran, der Boden ist mit blutigen Leibern übersät. Unten links beugt Roland sich über seinen zu Tode verletzten Gefährten Turpin, dessen Schädel gespalten ist; unten rechts erschlägt Roland, sterbend auf dem Boden sitzend, mit seinem Horn einen sich ihm nähernden Feind.
    • (52v) vor Vers 8239: Roland versucht das Schwert Durnhart zu zerbrechen / Er reicht einem Engel den Handschuh / Die Hand des toten Roland gibt Karl das Schwert zurück / Ein Engel tröstet Karl Oben links versucht der sterbende Roland, auf einem Fels sitzend, sein Schwert an einem Stein zu zertrümmern; neben ihm liegt sein Horn. Oben rechts übergibt Roland, immer noch mit Schwert und Horn, einem aus einer Wolke kommenden Engel seinen Handschuh. Unten links kniet der schmerzbewegte Karl neben dem toten Roland; er legt seinen rechten Arm um ihn und berührt mit der linken Hand das Schwert; hinter Karl stehen drei trauernde Jünglinge; die Szene ist nach der Beweinung Christi gestaltet. Unten rechts stützt sich Kaiser Karl auf das Schwert Durnhart, während vor ihm ein Engel steht, der zu ihm spricht.
    • (55r) vor Vers 8577: Der sterbende König Marsilies in Saragossa und Königin Pregmundas Übertritt zum Christentum / Zerstörung der Götzenbilder Oben links liegt König Marsilies sterbend auf seinem Bett, ihm wurde der Arm abgeschlagen; in der Mitte der Darstellung steht Königin Pregmunda, die von ihrem Ehemann abgewendet einen Diener anweist, ein Götzenbild umzureissen. Unten links ist nochmals die Königin zu sehen, wie sie mit ausgestrecktem Finger zwei Diener anweist, diverse Abgötter in Form von Tieren zu zertreten und den Schweinen vorzuwerfen.
    • (62r) vor Vers 9619: Der Heidenkönig Palligan lässt seine Truppen vor der Schlacht ein Götzenbild anbeten / Karl und Palligan im Zweikampf Oben links beten heidnische Krieger zu einem Götzenbild; in der Mitte reitet der persische König Palligan in Richtung dieses Bildnisses, ihm folgt ein von Ochsen gezogener Streitwagen. Unten stossen sich Karl und Palligan gegenseitig mit den Lanzen von ihren Pferden, wobei Palligan seinen Helm verliert; hinter beiden Heerführern steht ihr Gefolge; bei der gekrönten Figur ganz links im unteren Register handelt es sich womöglich um den Heidenkönig Ammoch.
    • (66r) vor Vers 10195: Karl und Palligan kämpfen zu Fuss weiter / Karl tötet Palligan, die Heiden wenden sich zur Flucht Oben in der Mitte treten sich Karl und Palligan im Schwertkampf gegenüber, beide haben ein berittenes Gefolge; Karls Schwert ist zum Schlag erhoben. Unten erschlägt Karl Palligan, nachdem dieser ihm den Helm weggeschlagen hat; über einem Baum zeigt sich aus einer Wolke heraus ein Gesicht mit einem Nimbus, das sich Karl zuwendet; Palligans Gefolge flieht, die Blicke ängstlich zum himmlischen Wesen hoch gerichtet.
    • (71r) vor Vers 10933: Das Wunder von Roncesvalles / Zweite Bestattung der Gefallenen und Wunderheilungen am Grab Oben links kniet Karl mit seinem Heer, die Augen himmelwärts gerichtet, wo aus einer Wolke eine Hand mit einem Kleeblattkreuz kommt und ein Wunder ankündigt; aus den in der Mitte des Registers liegenden toten christlichen Rittern wachsen blaue Blumen (in Anspielung auf das französische Wappen weisse Lilien auf blauem Grund), während die rechts liegenden Heiden Dornensträucher hervorbringen. Durch das untere Register zieht sich ein gewaltiger Sarkophag, in den die toten Christen gelegt werden; Karl gibt dem Mann ganz links Anweisungen, rechts neben ihm stehen Juliane-Pregmunda und ein Bediensteter, im Vordergrund sitzen ein Verkrüppelter und ein Lahmer, die beide durch die Berührung des Sarkophags geheilt werden.