Der Verfasser der Handschrift, Heinrich Murer, eigentlich Johann Heinrich, wurde am 2. März 1588 in Baden (Kanton Aargau) geboren. Er stammte aus einer Badener Familie. Seine Mutter, Salome Bodmer von Baden, heiratete in zweiter Ehe 1592 den Ritter, Alt-Schultheissen und Bannerherrn Ludwig Pfyffer von Altishofen aus Luzern, wegen seiner politischen und militärischen
Bedeutung auch Schweizerkönig
genannt, der indessen schon 1594 starb. Murer wuchs in Luzern auf. Er wird überall als civis Lucernensis
erwähnt und bezeichnet sich selbst in seinen Büchern so, ist aber im Luzerner Bürgerbuch nicht erwähnt. Murer besuchte in Luzern die Lateinschule und dann die Jesuitenschule in Pruntrut, wohl um die französische Sprache zu erlernen. Nach Abschluss der Schule studierte er Philosophie in Paris. Hier kam es offenbar auch zu ersten Kontakten mit dem Kartäuserorden. Die Ermordung des französischen Königs Heinrich IV. veranlasste ihn zur Rückkehr in die Schweiz. 1611, noch in Luzern, begann er, ein Verzeichnis der Schweizer Heiligen anzulegen. 1614 trat er in den Kartäuserkonvent Ittingen ein, wo er am 28. Februar 1638 starb.
Ob und auf welche Quellen sich Murer bei der
Abfassung der Chronik des Klosters Kreuzlingen gestützt hat, ist unbekannt. Wir wissen aber,
dass ihm einige Urkunden vorgelegen haben müssen, die später ins Thurgauische Urkundenbuch
aufgenommen wurden und mit dem Zitat Murers wörtlich
übereinstimmen. Möglicherweise hat er sich dabei auch auf die Äbteliste von unbekannter Hand gestützt, die der Chronik beigegeben ist. Da diese mit dem Jahr 1626 endet, also zwölf Jahre, bevor Murer selber starb, ist dies durchaus möglich.
Verglichen mit andern Chroniken Murers macht
diejenige des Klosters Kreuzlingen einen vorläufigen und provisorischen Eindruck. Nicht nur
deswegen, weil sie nicht über den ersten Abt hinausgeht, sondern auch, weil die Wappen unkoloriert und nur teilweise ausgeführt sind, zum Teil sogar ganz fehlen. Dasselbe gilt auch für das Titelblatt, das im Gegensatz zu andern Chroniken Murers nicht blau koloriert ist und unter der Zeichnung der Kirchenpatrone einen Leerraum aufweist, der möglicherweise für einen Text bestimmt war, wie er zum Beispiel in der Fischinger Chronik vorkommt. Ausserdem fehlt eine Vedute des Klosters.
Die Chronik des Augustiner Chorherrenstifts Kreuzlingen ist nur eine von rund zwanzig anderen
Chroniken von Klöstern, Abteien und Bistümern, die Murer während seiner Ittinger Zeit (1614-1638) verfasst hat, und die in
der Kantonsbibliothek Thurgau aufbewahrt werden.
Sie waren alle gedacht als Vorarbeiten zu einem umfassenden Werk, das eine Geschichte und Beschreibung aller Bistümer, Stifte und Klöster enthalten und den Namen Theatrum Ecclesiasticum Helvetiorum
(geistlicher Schauplatz Helvetiens
) tragen sollte. Murers früher Tod im Jahre 1638 machte dieses Vorhaben zunichte. Alle Chroniken sind ähnlich aufgebaut: Sie zeigen auf dem Titelblatt die Schutzheiligen der betreffenden Klöster, zum Teil mit deren Attributen. Die meisten Chroniken - nicht so diejenige von Kreuzlingen - enthalten ein Faltblatt mit einer Ansicht der verschiedenen Gebäulichkeiten der jeweiligen Klöster. Dazwischen steht in Murers kleiner, zierlicher Schrift die Legende zu den einzelnen Bauten.
Murers Hauptwerk, die Helvetia Sancta
, eine
Lebensbeschreibung der Schweizer Heiligen, erschien erst 1648, also zehn Jahre nach Murers Tod, bei David Hautt in Luzern. Es enthält ebenfalls kolorierte Federzeichnungen, wahrscheinlich von der Hand des Konstanzer Bildhauers und Malers Hans Asper.