St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 1859
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Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Codices 1726-1984 (14.-19. Jahrhundert), Stiftsbibliothek St. Gallen 1983, S. 105-109.

Handschriftentitel: Pseudo-Hieronymus • Stimulus amoris deutsch • BonaventuraHendrik HerpHeinrich Vigilis von Weißenburg • Geistlicher Sendbrief • David von Augsburg
Entstehungszeit: 15. Jh.
Beschreibstoff: Papier. Bl. 3/4 Pergament. Wasserzeichen: p. 3-18 Lilie mit Krone, ähnlich Briquet, Filigranes Nr. 7166ff., p. 19-614 gotisches P mit Kreuz, dazu teilweise mit schrägem Stab am Schaft, ähnlich ibid. Nr. 8600ff., 8658-8667.
Umfang: 614 pp.
Format: 14 x 10,5
Seitennummerierung: Neue Paginierung.
Lagenstruktur: Sexternionen, außer VI380-408. Teilweise Wortreklamanten. Von der ersten Lage fehlen Bl. 1/2 und davor ein weiteres, nach p. 16, 500, 522 fehlen je ein, nach p. 614 drei Bll.
Seiteneinrichtung: Einspaltig 8/9 x 6/7, 15-20 Z., Liniierung Bleistift.
Schrift und Hände: Formlose kleinere Halbkursive, wahrscheinlich von einer Hand, mit leichter Variation in den Schriftzügen.
Buchschmuck: 1- bis 2-zeilige Lombarden.
Spätere Ergänzungen: Federproben des 17. Jhs. auf vorderem Spiegel und p. 3.
Einband: Einband braunes Leder auf Holz, Streicheisenlinien, kreisrunde Stempel mit den Symbolen der Evangelisten Lukas, Matthäus, Markus, dazwischen Rollenstempel mit Rankenornamentik, die Evangelisten nicht bei Kyriss, Einbände. Eine Metallschließe. Deckelinnenseiten Pg.-Fragm. Brevier 15. Jh.
Inhaltsangabe:
  • 3-20 [Kalendar]
    • (4) Horoskop
    • (5-16) Kalendar Von den Elsässer Hll. St. Arbogast und Leo nur der erstere verzeichnet, die Hll. des Dominikanerordens totum duplex, St. Nikolaus nur duplex wie die Apostel und div. Hll. Die St. Galler Hll. Othmar und Wiborada fehlen, bei Gallus nur drei Lektionen. Die Anzahl der Lektionen stets vermerkt.
    • (17-20) Komputistische Tabelle mit deutschem Kommentar, erfaßt die Jahre 1480-1538, Kommentar
      • (19-20) Wiltu wissen wan der mon nuwe …–… das jor hinvß etc.
  • 22-212 Jeronimus: Ettliche stucklin vß der gantzen Regel [Regula monacharum ad Eustochium, deutsch]
    • (22) Diß hie noch geschriben sint ettliche nutze vnde fruͦchtbare stucklin vnd edele bluͦmlin vß gelessen vß dem wol ruͤchenden wurtzgertelin Der gantzen Regel vnd satzung des aller heilgesten Santi Jeronimy̍ so er geton het zuͦ der heilgen eustochium also hye noch stot Do ein yeglich geistlich person vnde closter kind hie von mag nemmen [sic] teglich ein bissen oder muntfol also von ein lustlichen trachten Die nit zuͦ vslimden Aber in grosser sittikeit zuͦ kuwen vmb daz die honig suͤssigkeit muͤge empfunden werden die hierin verborgen litt nit on fruͦcht genutzet werde mag.
    • (23-212) >Jhesus filius dei Hie vohet an die Regel sancti Joronimy̍ zuͦ Eustochium der heilgen eptissen vnde nit dem fleisch Die vor rede< O Jr min aller liebsten doͤchtern vnde frowen Jn dem herren vnd Jr aller heilgesten Jungfroͤwen christi …–… Helffent dem altten vwers ynnigen Joronime mit vwerem heilgen gebett Amen mane nobiscum domine Jhesus Augustinus Joronimus [sic] iohannes Maria Margareta Agneta.
    Der lateinische Text PL XXX, col. 403-438; zur deutschen Fassung, insbes. zur Überlieferung Verfasserlexikon 3² (1981), col. 1226f. (K. Ruh). S. auch unten Cod. 1915.
  • 213-225 [Stimulus amoris deutsch] (Auszüge) >Dis sint x stucklin durch die ein moͤnsch mag zuͦ nemen gegen got in tugenden vnd setzet sy der engelsche lerer Bonaventura etc.< Das erste stucklin daz der zuͦ nemende moͤnsch lere also vast er mag …–… mit aller reuerentz vnd lieb eren vnd wirdigen die muͦtter gottes vnd sin heil gen etc. Aus Stimulus amoris minor cap. I, maior cap. II/I.
  • 225-239 XVIII Stucklin >Dis noch geschriben sint xviij stucklin mit kurtzen begriffen die do guͦt sint einem zuͦ nemenden moͤnschen vnd setzet sy ouch der andechtige lerer Bonaventura etc.< 226 Das erst stucklin so hab der moͤnsch einen geschickten getruwen vatter siner selen …–… daz es vermu̍schet sy mit eigenem willen vnd wol gefallen din selbs Amen.
  • 239-289 Bonaventura: [Epistola continens viginti quinque memoralia (deutsch)] >Dis hie noch geschriben sint etliche stu̍cklin oder puntlin vff gezeichnet von einem Andechttigen bruͦder zuͦ vnderwissung einen anfohenden vnd zuͦ nemenden moͤnschte der sich begert hitziklich ab zuͦ keren vnd ab zuͦ sterbe[n] der welt vnd christo zuͦ leben< 240 Jn christo dem aller liebsten winsch Jch B.[ruder] Bonauentura von ku̍nigßbaden [Balneus regius/Bagnorea] als sinen in dem herren mitbruͦder …–… Jm kinfftig zit mit Jm werdest niessen ewige ere vnd froͤid Amen Doch so wiß das ich mir selber diß vor beschriben pintlin vnd stu̍cklin hab angezeichnet vnd vir gesetzet.
    In alemannischer Übertragung, vgl. Ruh, Bonaventura deutsch p. 254f. (Lit.), Ausgabe p. 348-361, auf Grund unserer Hs.
  • 289-291 VII Tugenden Wer do wil alle buͤcher ku̍nnen vnd alle kunst bekennen Der uͤbe sich an disse vij tugenden zuͦm jᵃ Die erst daz du mit vnfindlichen sitten …–… vnd dich selbs vnd alle moͤnschen betrogen etc.
  • 291-395 Die xii porten des geistlichen paradises vnsers hertzen [= Hendrik Herp, Spieghel der volcomenheit, Teil I (De XII stervingen)]. >Dis noch geschriben sint die xij porten des geistlichen paradises vnsers hertzen daz do ist ein paradiß der wollust gottes als er selber gesprochen hat min wollust ist zuͦ wonen by den kinderen der moͤnschen< Jn christo Aller liebste tochtter vmb dinen grossen fliß vnd demuͤtige begird …–… Daz helff vns got alle daz wir niemer von jm geschiden Amen.
    Hg. bei L. Verschueren, Hendrik Herp O.F.M., Spieghel der volcomenheit, hg. von L'V', Antwerpen 1931, Teil II, p. 17-97 (niederdeutsche Fassung).
  • 396-469 [Aszetische Betrachtungen]
    • (396-408) >Diß noch geschriben sint vij hinderniß daz der geistliche moͤnsch nit worlich mag zu nemen< Ein yeglicher geistlicher moͤnsch ist schuld …–… Du mast nit niessen die freid des ewigen lebens ist es sach daz du din hertz bist ‹verlieren› [gestrichen und am Rand ersetzt durch] vervnreinigen mit wollu̍sten des libes etc.
      Vgl. «Zwölf geistliche Hindernisse», Hss. angeführt bei Ruh, Bonaventura deutsch p. 260.
    • (409-429) >Wer sin leben von grund wel besseren daz er sich erkenne vnd der do wil arbetennem war disse iij noch geschriben stu̍cklin< Das erste ist eyn willicher abker von allen u̍bel …–… zuͤ dem verdienen des mynsamen lides christi Amen.
    • (430-469) >Dis noch geschriben ist ein aller kosperste nu̍tzperste ler vnd vnderwisung allen geistlichen personen die sich got verbunden hant< Jn clostlicher ordenung zu leben vnd ist hie Jn bestimpt zwegerleg moͤnschen sin vnd horet zü zwegerleg moͤnschen merck DEr erste su̍n hoͤret an …–… O herr din guͦtt geist wellen mich geleitten Jn daz gerecht lant Amen.
  • 496-499 Heinrich [Vigilis] von Wissenburck: Ein grunt eins woren clösterlichen leben. >Diß hie noch geschriben ist gar ein nu̍tze vnd früchtbar vnderwissung vnd lere wor Jn bestot ein grü[n]t eins weßlichen woren cloͤsterlichen leben vnd het disse vermanung geton der andechtge geistliche vatter vatter heinrich von wissenburck ordinis minoris zü sinen lieben kindern zü alpspach vnd nit mynder zü alle closter kinden wie sy genant synt< Ein Recht geistlich vnd cloͤsterlich leben gestot Jn iij puntten …–… harvmb schriben diß Jn vwere hertzen vnd gemuͤt AMEN.
    Der 3. Teil des Textes, unter Beizug der Parallelhs. Ueberlingen, Leopold-Sophien-Bibliothek Cod. I, f. 187ra-193va, bei Ruh, Franziskanisches Schrifttum p. 157-163.
    Derselbe Text, in anderer Fassung, auch in Cod. Sang. 973, p. 190-223.
  • 500-520 [Ascetica]
    • (500-502) leer, außer p. 500 dreizeiliges Fragm. eines Gebets.
    • (503-505) >Der weg eines geistlichen moͤnschen zü dem hymel. Diß sint xij staffellen der demüt noch meinung Sant Benedicten< Der erst grad ist mit forcht gottes …–… also ein schuldiger des goͤtlichen gerichts.
    • (505-508) >Der weg eines geistlichen moͤnschen zü der hellen ist diß. Dis sint xij grad oder staffeln der hochfart noch der meynung Sancti Bernhardy< Der erste grad oder staffel ist, Die gewonheit zü su̍nden …–… Jn keiner dapfferkeit bezwingent etc
    • (508-509) >Es sint xij grad eigenschafften eins woren demuͤtigen moͤnschen noch der meinung Sancti Bernha[r]dj< Die erst eygenschafft, Er hatt allezit die vorcht …–… bitz in daz end vnbeweglichen etc.
    • (509-511) >Die wore demüt wurt erkant by dissen noch geschriben x zeichen noch meinung des heilgen apts paffnuctj [= Pafnutius, einer der Altväter in Cassians Collationes] etc.< Das j ist ein abtoͤtung …–… vnd nit eines anderen u̍bels oder mißdat etc.
    • (511) >Ein erfarung ob du worlich demuͤtig sygest< Jst es daz du alles güt …–… so wu̍rst du worlich demuͤtig gehalten.
    • (512-520) >Ein kurtze vnderwissung vnd ler wie du solt lide die gebresten dines ebenden [elenden (?)] moͤnsch< Einen yeglichen geistlichen moͤnschen …–… Er wirt vns versagen syn hy̍lff so es vns aller hertest lit Amen.
    • (521-524) leer.
  • 525-540 Geistlicher Sendbrief eines andächtigen Vaters >Diß ist ein geistlicher send brieff von einem andechtigen vatter zuͦ sinen besunderen geistlichen kinden< Ein gewores vff tringen der begird …–… an siner honig suͤssem seim sin holtseligen wort verk[u]nden alwegen fryden. Deo gratias Amen.
    Zur Überlieferung Ruh, Bonaventura deutsch p. 256, dazu Karlsruhe LB Peter Pap. 44, f. 84r-89v und Schwarzach 19, f. 255r-265r.
  • 541-604 [Ascetica]
    • (541-561) >Diß noch geschriben sint xv stu̍cklin die do vff er wecken die vorcht gottes vnd Jst sy beschriben Der erliche bischoff anthoninus von florentinsis [Antoninus Pierozzi] etc. merck vff< Das erste stuck vnd vrsach die Jn vns sol vff erwecken die vorcht gottes, Jst, Cognicio seu[e]rritatis iudicio [sic] dei etc. Erkantniß …–… Daz sy die frücht Jrer arbeit messen Ewiklich.
    • (562-566) [Betrachtung über das Verhältnis Gottes zu den Sündern] …–… Es ist zuͤ wissen het der almechtige ewige barmhertzige got nit me not vnd verlangen nach dem armen vnseligen su̍nder wer aber sundig vnd mit gebresten u̍ber lade ist der sol komen [ev. Fragment].
    • (567-572) leer.
    • (573-591) Jn christo jhesu min aller liebsten Jch sende v̍ch hie noch geschriben Ein zucker defelin das gar von edelen specien gemaht ist …–… wan es muͤs ein mensch alle sin zit verrechen etc.
    • (591-595) >Dis ist von den zween Ertzeten < Es sprechen zwene heilge meyster lobesam Coßmas vnd Damian …–… vnd dem heilgen geist Amen.
    • (595-601) [Über die Geduld] …–… SAlmon sprichet gedult ist ein schilt So er doͤrt ye neher vnd glicher wurt jn sinen froͤiden.
    • (601-604) [D]is sint vier nu̍tze betrahtunge in beswerde …–… Also mit troste vnd weret der lon yemer me etc.
  • 604-613 [David von Augsburg: De compositione hominis exterioris ad novitios (deutsch)] [D]v solt gedencken alle zit war vmbe du sist komen zuͦ dem ordene …–… der daz wercke das jme empfolhen wurt weder mit hertzen noch mit keiner erzoͤigunge wider sprichet.
    Zu diesem Werk Verfasserlexikon 2² (1980), col. 48f. (K. Ruh)
  • 614 leer.
Provenienz der Handschrift:
  • Straßburg (Dominikanerinnenkloster St. Agnes oder St. Margareta) / Dominikanerinnenkloster St. Katharina St. Gallen, nachmals Wil
  • Der Band stammt aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina St. Gallen, nachmals Wil. Besitzeintrag Spiegelblatt hinten: Gehört in St. Catharinae Closter vor Weyl, Hand des 17. Jhs. Der St. Galler Konvent hat es laut Eintrag auf der heute verlorenen p. 1 aus Straßburg erhalten, wahrscheinlich aus einem der Dominikanerinnenklöster St. Agnes und St. Margareta, aus welchem auch andere Bände des St. Galler Katharinenkonvents stammten, vgl. Besitzerregister und Vogler, St. Katharina p. 121, 266f. Der verlorene Besitzeintrag zitiert ibid. p. 251 : „Diss buch gehörtt den frowen zu sant Cathrina, ist uns von Strassburg kommen.“ Zur elsässischen Herkunft vgl. auch das Kalendar der vorliegenden Handschrift.
Erwerb der Handschrift: In StiBSG seit 16. September 1930 als Depositum der bischöflichen Bibliothek St. Gallen.
Bibliographie:
  • zur ganzen Handschrift Ruh, Bonaventura deutsch, p. 254-257;
  • Vgl. ferner Vogler, St. Katharina p. 251 Nr. 70.