Beromünster, Stiftskirche St. Michael, Cantatorium
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Marina Bernasconi Reusser für e-codices, 2009.

Handschriftentitel: Cantatorium von Beromünster
Entstehungszeit: 13. Jh.
Frühere Signatur: II. C. 2.
Beschreibstoff: Pergament
Umfang: 72 Blätter
Format: 259 x 155 mm
Seitennummerierung: Moderne Foliierung 1-71 ausgeführt nach der Digitalisierung.
Lagenstruktur: 9 IV71. Erstes Blatt der ersten Lage und letztes Blatt der letzten Lage an den Buchdeckel geklebt.
Seiteneinrichtung: Blindliniierung. Schriftraum 182 x 90; 19 Linien / 18 Zeilen.
Schrift und Hände: Textura des 13. Jh. von einer Hand.
Musiknotationen: Neumen.
Buchschmuck:
  • Rubriziert. Incipits und liturgische Hinweise rot.
  • Versenanfangsbuchstaben schwarz mit roten Verzierungen.
  • 2- zeilige Lombarden wechselnd rot und blau mit Fleuronnée in der Gegenfarbe am Anfang der Sonntagsfeste; 7v Kopf mit Bart im Binnenfeld; 15v Raum für Initialen frei geblieben.
  • 3-5-zeilige Initialen bei Festtagen (1r, 2v, 17r, 21r, 21v, 33r) mit gespaltenem Buchstabenkörper in blau und rot mit Fleuronnée.
Spätere Ergänzungen:
Ergänzungen:
32v Sanctus sanctus sanctus, unvollständig, mit Quadratnotation auf 4 roten Linien, 14. Jh.
58r l. 5-58v Venite exultemus Domino mit Neumen
70v-71r Fortsetzung auf Iv: Gesang In illo tempore. Ingressus Iesus mit linienlosen Neumen
Ergänzungen am Rand:
42v-43r Gaude celestis curia mit Neumen
47v Ite plebs fidelis ad Michahelis gloriam in celis iam missa est mit Neumen, Kursivschrift, 14. Jh.
49r Ite Deo laus hodie in festo huius ecclesie missus est mit Neumen, Kursivschrift, 14. Jh.
51v-52r Alleluia turme
57v De S. Afra. Alleluia. Gaudete Syon, mit Neumen
58v-59v Tropus zum Kyrie Kyrie, Fons bonitatis mit Neumen, 14. Jh.
59v-60v Tropus zum Kyrie Cunctipotens mit Neumen auf Liniensystem, 14. Jh.
67v-68r Sanctus mit Neumen, Kursivschrift, 14. Jh.
68v Agnus dei mit Neumen, Kursivschrift, 14. Jh.
Einband: 260 x 160. Eine hochrechteckige Elfenbeintafel (vorne, 240 x 135 ) und eine hinten in einem Holzbrett - Holzplatten ursprünglich mit braunem Leder bedeckt - eingelassen. Die Tafeln haben zahlreiche Löcher, die auf eine frühere Benutzung in einem anderen Einband hindeuten. Die vordere Platte ist der Länge nach gesprungen weist an dierser Stelle drei Paare von Löchern einer früheren Flickung auf.
Die Reliefs der beiden Tafeln stellen in gleicher Haltung und Disposition die Apostel Petrus und Paulus als Lehrer in der Auffassung antiker Philosophen dar. Sie sind in eine lange Tunika und einen Mantel mit Falten gehüllt. In der Linken tragen sie ein geöffnetes Buch, die Rechte ist segnend oder lehrend erhoben. Die Köpfe sind ohne Nimbus. Die zwei Figuren stehen unter einer Arkade mit gedrechselten, bei Petrus, beziehungsweise geflochtenen Säulen, bei Paulus. Die Platten werden üblicherweise um die Wende vom 8. zum 9. Jh. datiert.
Nach einer Notiz des aus dem Jahre 1207 stammenden Directorium Chori (s. Kopp S. 5, Bruckner S. 11 Anm. 5) diente dieser Einband ursprünglich einem von Graf Ulrich von Lenzburg († vor 1050) dem Stift geschenkten Epistolar (heute Beromünster, Stiftskirche St. Michael, Kirchenschatz), an dessen Stelle später das Cantatorium eingebunden wurde.
Inhaltsangabe:
  • 1r-32r Proprium de tempore 1. Adventsonntag-24. Sonntag nach Pfingsten
  • 33r-53r Proprium de sanctis besondere Feste (Diözesan- oder Patronalheilige):
    • (41v) Udalricus ep. Augustensis
    • (42v) Afra
    • (44r) Verena
    • (47v) Mauricii et soc.
    • (51v) Gallus
    • (53r) Othmar
  • 53v- 58r Commune de sanctis
  • 59r >Liber iste canitur in xl de apostolis<
  • 59v >De virginibus<
  • 61r Gloria
  • 64r Kyrie
  • 65v Gloria
  • 67r Sanctus
  • 68r Agnus Dei
  • 69v Pro defunctis: Libera me
  • 70r Audi tellus
  • Alle diese Texte mit Tropen.
Provenienz der Handschrift: Laut „Haustradition“ durch einen Grafen Ulrich der Stifterfamilie von Lenzburg geschenkt. Wegen der Datierung ins 13. Jh. können weder Ulrich I. der Reiche († vor 1050) noch Ulrich IV. († 1172) in Frage kommen.
Erwerb der Handschrift: auf dem Vorderdeckel ex-libris des Stifts Beromünster mit Signatur 1891. II. C. 2..
Bibliographie:
  • Karl Alois Kopp, Die Stiftsbibliothek von Beromünster. Beilage Jahresbericht Mittelschule Beromünster 1903/04, S. 5-7.
  • Jacques Handschin, Angelomontana polyphonica, in: Schweizerisches Jahrbuch für Musikwissenschaft 3 (1928), S. 64-96, 71 n. 2.
  • Arnold Geering, Die Organa und mehrstimmigen Conductus in den Handschriften des deutschen Sprachgebietes vom 13. bis 16. Jahrhundert, Bern 1952 (Publikationen der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft. Serie 2 Vol. 1), S. 85, 88f.
  • Fritz W. Volbach, Frühmittelalterliche Elfenbeinarbeiten in der Schweiz, in: Frühittelalterlichen Kunst in den Alpenländern. Akten zum III. Int. Kongress für Frühmittelalterforschung, Olten-Lausanne 1954, S. 105-6, Fig. 51-2.
  • Adolf Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, Bd. IV (1956), 77s, Abb. 66.
  • Albert Bruckner, Scriptoria medii aevi helvetica. Denkmäler schweizerischer Schreibkunst des Mittelalters, Bd. 9, Genf 1964, S. 20-21, Taf. XXXIV, XLIV.
  • Adolf Reinle, Die Kunst der Innerschweiz von 1200 bis 1450. Ein Überblick, in Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft. Bd. 1: Verfassung. Kirche. Kunst, Olten 1990, S. 351.