Basel, Universitätsbibliothek, A VIII 36
Handschriftentitel: Hagiographische Sammelhandschrift
Entstehungszeit: 1. Hälfte 15. Jahrhundert
Beschreibstoff: Papier, vielfach stark abgegriffen und beschmutzt.
Umfang:
1 Band (235 Blätter)
Format: 21 x 14,5 cm
Lagenstruktur: Zusammengesetzt aus verschiedenen kodikologischen Einheiten. Lagen: 4 VI48 + VIII64 + VII78 + (VIII-1)93 + (VI-3)102 + (VI-2)112 + 2 VI136 + IV144 + 2 V164 + (V-1)173 + (IV-2)179 + 4 VI235 + (I + 1)235; letzte Lage verklebt. Zwischen Bl. 93 u. 94 fehlen 4 Blätter, zwischen 102 u. 103 2 Blätter, zw. 173 u. 174 1 Blatt, zw. 178 u. 179 2 Blätter, zw. 232 und 233 2 Bl., z.T. Textverlust (siehe Inhalt). Z.T. Reklamanten.
Seiteneinrichtung:
Ungespalten, fortlaufender Text. Höhe des beschriebenen Raumes schwankt zwischen 15 und 18 cm, Breite zwischen 9 und 12 cm.
Schrift und Hände:
10 verschiedene Hände des 15. Jh.: 1) 1-64; 2) 65v-71r; 3) 71v-92v; 4) 92v-93r; 5) 94-98; 6) 103-118; 7) 119-140; 8) 145-153; 9) 155-177; 10) 181-235
Buchschmuck: Teilweise mit roten Initialen der Kapitel, bezw. rot gestrichelt. Eigennamen häufig rot unterstrichen.
Einband:
Mit gelbem Leder überzogene Holzdeckel; metallbeschlagene Lederschliesse; auf dem vorderen Deckel Stück des Leders (wohl alte Signatur) herausgeschnitten, darunter die Zahl 1649 eingestanzt. Innenseiten der Deckel mit Stücken einer lateinischen theologischen Handschrift überzogen.
Hauptsprache: Deutsch (Südalemannisch)
Inhaltsangabe:
Sammelband mit Heiligenlegenden in deutscher Prosa. Einzellegenden aus den "Elsässischen Legenda aurea", "Der Heiligen Leben" und den "Alemannischen Vitaspatrum", ausserdem die "Vita S. Elisabeth" des
.-
1r-59r
Elisabeth von Thüringen
Dis ist das leben und daz lesen der hochwirdigen hochgelopten heilgen himelfürstin und lantgrefin sant Elizabeth des küngs thochter von Ungaren. Es waz ein grosser mechtiger künig ze Ungeren der waz gar rich …–…
richsnet von ewen zuͦ ewen daz helf mir und üch der vater und der sün und der heilig geist amen. ach biten got und die liebe sant Elisabet und minen lieben vater sant Jeronimus fúr mich arme böse schriberin daz sy mir an minem leisten zit zuͦ hilf kömen
Zeitgenössischer Nachtrag 1r, oben: Item Disz leben liset man nit hie -
59v-64v
Hieronymus
Dis ist daz leben des hochwirdigen lers sant Jeronimus. Jeronimus ist gesprochen ein heiliger walt wann er die frücht …
- [62v ] Diser Jheronimus starb noch gebürt über fier hundert und dry und fünffzig jore. Dis ist von dem namen sant Jeronimus. schrib zum ersten. Jeronimum nemmen wir dick aber lützel eren wir …–… als man das alles in latin in den vorgenanten epistlen eiglichen vindet
- 65r Federproben
-
65r-92v
Hieronymus
Dis ist daz leben des wirdigen fürnemen und löplichensten himelfúrsten und leres sant Jeronimus. Der liebe herre sant Jeronimus ist geborn von der stat Stridonien und was ein cristen und hette got gar liep …
- [79r ] Hie hat die legend ein end und fochet die exempel an.
- [79v ] Zuͦ einem mol waz ein böser ketzer der hiess Sabianus …–… und noch disem leben daz ewig leben amen
-
92r-v
Franziskus
Sant Franciscus ist geboren von der stat Assis und hat einen richen vatter, der hat den sün gar liep …–…
do wart der vatter innen daz //
Bricht mitten im Satz ab
Aus Der Heiligen Leben, Winterteil. Edition Brand/Jung/Williams-Krapp (2004), Nr. 7; Sigle: Bs1. - 92v-93r Marienmirakel Es waz gar ein andechttiger priester der hatt unser liebe froͮwen gar lieb und gruͦss sy dick und vil mitt der anttifen tota pulcra …–… und nam ein guott end. amen. amen. amen. Jesus
- 93v leer
- 94r-98v Bartholomäus-Predigt Dis ist daz leben des heilgen zwölfbotten sant Bartholomeus. [V]os qui secuti estis me sedebitis super sedes duodecim et cetera. Wir begond hüt daz hochzit und den dag des lieben aposteln sant Bartolomei …–… das er uns erwerbe noch disem zergencklichen leben das ewig frölich leben. amen
-
99r-102v
leer
Danach zwei Blätter herausgerissen; Textverlust -
103r-136r
Traktat über Johannes Baptista
// gescheiden von dir. Worumb werend wir dir nütt gehorsam Du bist doch allein die die do den getruwen gerechten besitzett …
- [108r ] Also hastu nun den ursprung dess geslechtes daz do waz daz erst stüklin und die ersty kron.
- [108v ] Das ander stüklin und die andre kron ist von der kündung und von ir wirdikeitt …–… und bitt ich arme sünderin daz er mich miner grossen misstott fürsprech und lidige und mir an minem end zü hilff köm, durch die er die an in geleitt hatt des ewigen vatters kind Jhesus Christus. Jhesus Christus amen amen
- 136v-140v Predigt zu Johanni Enthauptung Domine mi rex da michi in disco caput Johannis. Wir lesend und begond den tag und hochzit dess lieben herren sant Johannis des töffers als er enthöptett ward …–… und uns erwerbent noch disem leben ewiges leben
- 141r-144v leer
- 145r-149r Vincentius Dis ist daz leben und die legend des löblichen wirdigen martires sant Vincencius. Vincencius ist als vil gesprochen als ein überwinder Wann er het überwunden den bösen geist …–… und uns erwerbe noch disem leben daz ewig leben amen
-
149v-152v
Ignatius
Dis ist daz leben des erlichen wirdigen martires sant Ignacius. Ignacius ist gesprochen: einer der vol ist des fuires götlicher minn. Sant Johannes Ewangelist hat einen iunger der waz Ignacius genant …–…
köment zuͦ der ewigen fröid amen. Dis ist die epistel die sant Ignacius dem hochwirdigen und heilgen zwölfboten und ewangelisten sant Johannes schreib do er von im waz begeren, daz er im die hoch gelobte und wirdige jungfröw Marien … schikte …
Aus der Elsässischen Legenda Aurea. Edition Williams/Williams-Krapp (1980), Nr. 37; Sigle: Bs1. -
152v-153v
Julianus und Basilissa, erster Teil
Dem heiligen Johanni dem elteren Ignacius und die brüder die mit im sint …–…
und syest alle zit wol mügent amen
Aus dem Legendar des Marquard Biberli - 154r-v leer
-
155r-177v
Julianus und Basilissa, zweiter Teil
Von dem heiligen grossen marterer sanctus Julianus. Der gros merterer Sant Julianus waz von edlem geslecht geboren und was virtreffenlicher wisheit vor der welt …–…
ze hilff kommend an der stund des todes. Amen. Jhesus Maria Johannes Ewagelist
Aus dem Legendar des Marquard Biberli - 178r-179r leer
- 179v Besitzvermerk Dis buͦch hert an die steinen in das kloster zuͦ sant Maria Magdalenen und biten got vererden schir und Marie daz si im genedig velend sin dis ist der froͮwen an den steinen.
- 180r-v leer
-
181r-213v
Legenden von Paulus Eremit und Antonius
Dis ist daz lesen und daz leben sant Paulus dess ersten einsidels. In der zitt do Decius der keyser und Valerianus zü Rom richsneten do waz die durechtung also gross …
- [189r ] Dis ist daz leben und daz lesen dess heilgen vatters Sant Anthonius. Anthonius der heilig vatter waz usser Egipten land geboren von edlen fründen noch der welt …–… amen und sant Maria Magdalen und sant Anthonius
- 214r-215v leer
- 216r-235r Maurus Dis ist daz leben und lesen dess wirdigen heilgen herren sant Maurus. In der zit do der heilig vatter sant Benedictus gott dient mit strengem leben und der lümd sins hielgen lebens ussergieng …–… erwerb ein gütt leben und ein selig heilig sterben amen
-
235r
Index legendarum in hoc volumine continetur
Nachtrag des 17. Jahrhunderts
Entstehung der Handschrift:
Aus dem 1423 reformierten Dominikanerinnenkloster St. Maria Magdalena an den Steinen in Basel, wahrscheinlich auch grösstenteils dort geschrieben (i.d.R. weibliche Formen für Schreiberinnen; vgl. jedoch 179v: Biten got vür den schriber … ). Besitzeintrag 179v.
Bibliograph. Nachweise
- Binz, Gustav. - Die Handschriften der Öffentlichen Bibliothek der Universität Basel / beschrieben von Gustav Binz. Abt. 1, Bd. 1, Die deutschen Handschriften der Öffentlichen Bibliothek der Universität Basel. Abt. A. - Basel : [Universitätsbibliothek], 1907, S. 99-101.
- Williams-Krapp, Werner. - Die deutschen und niederländischen Legendare des Mittelalters : Studien zu ihrer Überlieferungs-, Text- und Wirkungsgeschichte. - Tübingen : Niemeyer, 1986, S. 38 (Bs1).
- Williams, Ulla. - Die "Alemannischen Vitaspatrum" : Untersuchungen und Edition (Texte und Textgeschichte; 45). - Tübingen : Niemeyer, 1996, S. 22* (Bs2).
- Der Heiligen Leben. - Bd. 2 : Der Winterteil / hrsg. von Margit Brand … [et al.] (Texte und Textgeschichte ; 51). - Tübingen : Niemeyer, 2004, S. XV (Bs1).
Literatur
- Kunze, Konrad. - Ueberlieferung und Bestand der elsässischen Legenda aurea : ein Beitrag zur deutschsprachigen Hagiographie des 14. und 15. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur ; 99 (1970), S. 265-309, hier S. 269 (betr. 59v-62v und 145r-152v).
- Bruckner, Albert. - Weibliche Schreibtätigkeit im schweizerischen Spätmittelalter. In: Festschrift Bernhard Bischoff zu seinem 65. Geburtstag, dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern / hrsg. von Johanne Autenrieth und Franz Brunhölzl. - Stuttgart : Hiersemann, 1971. S. 441-448, hier S. 445 Anm. 29.
- Scriptoria Medii Aevi Helvetica = Denkmäler schweizerischer Schreibkunst des Mittelalters / hrsg. und bearb. von A. Bruckner. - Genf : Druck und Verlag Roto-Sadag, 1935-1978. Bd. 12 : Das alte Bistum Basel. - 1971. S. 42, 44, Taf. 49.
- Williams-Krapp, Werner. - Studien zu 'Der Heiligen Leben'. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur; 105 (1976) 274-303, hier S. 275f. (Nr. 79) (betr. 65r-92v).
- Jacobue de Voragine. - Die Elsässische "Legenda aurea". - Bd. 1 : Das Normalcorpus / hrsg. von Ulla Williams und Werner Williams-Krapp. - Tübingen : Max Niemeyer, 1980 (Texte und Textgeschichte; 3), S. XVIII (betr. 59v-64v und 149v-152v).
- Die Legende der heiligen Elisabeth / von Dietrich von Apolda ; nach der Freiburger Klarissen-Handschrift von 1481 herausgegeben von Werner Heiland-Justi. - Freiburg im Breisgau ; Basel ; Wien : Herder, 2016, S. 107, 140 Anm. 34, 123, 141 Anm. 85, 134 (betr. 1r-59r).
Online