Luzern, Bibliothek des Romero-Hauses der Missionsgesellschaft Immensee (Depositum in der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern), Romero N.175.4
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Beschreibung für e-codices von Elke Senne, Berlin, mit Ergänzungen von Peter Kamber, ZHB Luzern, Sondersammlung, 2010.

Handschriftentitel: Elisabeth von Schönau, Mechthild von Magdeburg
Entstehungsort: Basel
Entstehungszeit: Teil 1: 25. November 1516; Teil 2: 5. März 1517
Beschreibstoff: Papier. Wasserzeichen: Kreuz, Piccard Wasserzeichenkartei Nr. 125686 (1514), verwendet im Teil 1, Bl. 39-46; Adlerkopf, ähnlich Piccard Wasserzeichenkartei Nr. 41764 (1516), verwendet im gesamten Teil 1 passim und bis Teil 2, Bl. 31; Krone, ähnlich Piccard Wasserzeichenkartei Nr. 51851, 51852 (1519), verwendet im Teil 2, Bl. 3-6 (Register); Ochsenkopf, ähnlich Briquet, Bd. 4, Nr. 15113 (1506-61), entfernter Piccard I, Nr. 638 (1515), verwendet im Teil 2 von Bl. 34 bis zum Schluss.
Umfang: 379 Blätter
Format: 21 x 15,5 cm
Seitennummerierung: Alte Foliierung in Rot. Teil 1: iii-v, x, xiii, xiiii-xxx2, xxxiii, xxx4, xxxv-clix; Teil 2: 2-6, i-xxvi, xx7, xxviii-xlvii, xl8, xlix-lxxxiv, 85, lxxxvi-cxxxviii, 139, cxl-cxlii, cxliiii, cxliiii-ccxx, neu ergänzt 221-222, 224. 146r-151r Reste einer alten Foliierung, z. T. beschnitten: 2-7.
Lagenstruktur:
  • Teil I: (VI-8)10 + 12 VI156 + (II-1)159 . Die Blätter 1-2, 6-9, 11-12 (Textverlust) sowie 160 (kein Textverlust) fehlen; die Blätter 48, 65-82 und 146 sind grösstenteils herausgerissen (Textverlust). Die Blätter 3-5, 10, 13-14, 23 und 24 sind lose. Blätter 60-86 mit Feuchtigkeitsschaden, 63r-64v stark verschmutzt.
  • Teil 2: III6 + 2VIII32 + 15VI212 + (VII-4)224 . Blatt 218 fehlt (Textverlust), nach Bl. 222 fehlen 2 Blätter, nach Bl. 224 fehlt 1 Blatt (kein Textverlust); die Blätter 1 (Register), 121 und 122 sind grösstenteils herausgerissen (Textverlust). Die Blätter 1 (Text) und 216 sind lose. Bruchstückhafte Foliierung am unteren Rand: 28r-32r 8-12, 53r 53, 55r 55 in Rot, 141r 41. 147r-151r 47-51, z. T. beschnitten.
Einband: Vom Einband ist nur der hintere Holzdeckel der Handschrift (22 x 16 cm, 6 mm dick) erhalten, dessen der Bindung gegenüberliegender Rand im oberen und unteren Drittel zu ca. 1-2 cm herausgebrochen ist. Seine gleichmäßige Verfärbung lässt auf einen ursprünglichen Ganz(leder?)überzug schließen. Deutlich erkennbar sind Spuren von zwei Schließen, es finden sich jedoch keinerlei Hinweise auf Metallbeschläge. Erhalten sind alle 3 von außen nach innen geführten, von innen mit Hanffaden verpflockten Hanfdoppelbünde, die verlorenen Kapitale oben und unten waren nochmal geheftet und vermutlich umwickelt; je ein Fitzbund oben und unten. Die Rückseite des letzten erhaltenen Blattes 224 weist Klebespuren auf, wurde also offensichtlich als Spiegelblatt verwendet (zudem finden sich hier mehrere verstreute unleserliche Schriftreste, vermutlich Federproben.). Dafür, dass der Band mindestens einmal neu gebunden wurde, sprechen auch die teilweise beschnittenen randständigen Marginalien (v. a. im II. Teil, besonders deutlich z. B. 33r und 220r). Am linken Rand des Buchrückens sind noch zusammengerollte Reste von ca. 3-4 cm breiten Flügelfälzen vorhanden: je ein kurzer unbeschrifteter Pergamentstreifen oben und unten von 1-2 cm Länge, in der Mitte oben und unten zwei weitere 3-4 cm lange Pergamentstreifen mit kaum leserlichen Resten eines lateinischen Textes auf Rück- und Vorderseite, deren Spiegel auf den Lagenrücken noch erkennbar ist (die Abweichungen bei Oehl 1927, S. 277 bezüglich der Maße der Pergamentstreifen lassen sich dadurch erklären, dass offensichtlich den beiden Pergamentstreifen oben und unten seit 1927 noch einmal Stücke abhanden gekommen sind, was bei dem mehrfachen Besitzerwechsel seit der Auffindung der Handschrift nicht verwundert). Schnitt ohne erkennbare Färbung, Beschriftung oder Verzierung, allerdings sind sämtliche Blätter an den Rändern stark abgenutzt.
Entstehung der Handschrift: Basel (s. Hauptsprache)
Provenienz der Handschrift: Hinweise auf Provenienz und Geschichte der Handschrift vor ihrer Entdeckung Anfang 1926 gibt es nicht. Damals wurde der extrem verschmutzte Codex zufällig im Schenkungsbestand des Missionsseminars St. Joseph zu Wolhusen in der Schweiz aufgefunden, vgl. Stempel Missionsseminar Wolhusen auf 159v (Teil I), sowie 12r und 220v (Teil II). Über die Umstände der Entdeckung und der angeblich mehr oder weniger dramatischen Rettung der Handschrift, die sogar zeitweilig die Frankfurter Zeitung beschäftigten (jeweils I. Morgenblatt vom 19. Februar und 27. April 1928, jeweils S. 2) machen Oehl (1927), S. 277 und Spiess (1935), S. 31 unterschiedliche Angaben, vgl. dazu auch die Korrekturen von Oehl (1928). Bereits 1935 befand sich die Handschrift zunächst im Besitz des Bruder-Klausen-Seminars zu Schöneck bei Beckenried, Kanton Nidwalden (vgl. Spiess 1935, S. 34), von wo aus sie in den Besitz der Bethlehem Mission Immensee gelangt ist (vgl. Neumann 1990, S. XIX und XXVII). Inzwischen ist sie mit neuer Signatur der Bibliothek des Romero-Hauses Luzern der Missionsgesellschaft Bethlehem, Immensee, eingegliedert worden, als deren Depositum sie in der Zentralbibliothek Luzern verwahrt wird.
Bibliographie:
  • Ernst Becker: Beiträge zur lateinischen und deutschen Überlieferung des Fließenden Lichts der Gottheit, Diss. Göttingen 1951;
  • Kurt Köster: Elisabeth von Schönau. Werk und Wirkung im Spiegel der mittelalterlichen handschriftlichen Überlieferung, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 3 (1951), S. 243-315, hier S. 270, Nr. 33;
  • Hans Neumann (Hg.): Mechthild von Magdeburg ›Das fließende Licht der Gottheit‹. Nach der Einsiedler Handschrift in kritischem Vergleich mit der gesamten Überlieferung herausgegeben von H. N. Band I: Text, besorgt von Gisela Vollmann-Profe, München-Zürich 1990 (MTU 100), S. XIX und XXVII;
  • Wilhelm Oehl: Neu entdeckte Mystikertexte. Elisabeth von Schönau und Mechthild von Magdeburg, in: ZfdA 64 (1927), S. 277-281;
  • Ders.: Berichtigung, in: Anzeiger für deutsches Altertum 47 (1928), S. 156;
  • Dominikus Planzer: Rezension über Spiess (1935), in: Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 31 (1937), S. 403-408;
  • Elke Senne: Das Fließende Licht der Gottheit Mechthilds von Magdeburg. Die Fassung der sogenannten Wolhusener Handschrift. Text und Untersuchung (Diss. München 2000), Mikr.-Ausg. Berlin 2002, S. 25-48;
  • Dies.: Überlieferung als Rezeption. Elisabeth von Schönau in der Wolhusener Handschrift, in: Schrift – Text – Edition. Hans Walther Gabler zum 65. Geburtstag, hg. von Christiane Henkes [u.a.], Tübingen 2003 (Beihefte zu editio 19), S. 149-160;
  • Emil Spiess: Ein Zeuge mittelalterlicher Mystik in der Schweiz, Rorschach o.J. [Imprimatur: 1935].
Kodikologische Einheit: 1. Teil
Seiteneinrichtung: Schriftraum 15,5-17 x 10-11 cm, 18-28 Zeilen.
Schrift und Hände: Text von einer Hand in einer gleichmäßigen, überwiegend sehr säuberlichen Kurrentschrift, einer aus der Kanzleibastarda entwickelten rechtsschrägen Kursivschrift des frühen 16. Jahrhunderts. Zur Charakterisierung der Schrift s. Senne (2002), S. 30. Die Überschriften sind überwiegend von einer Hand in einer überwiegend schleifenlosen Bastarda geschrieben; von derselben Hand, in derselben Auszeichnungsschrift, allerdings mit der Tinte des Haupttextes, stammen auch die meisten Anfangszeilen einzelner Kapitel und einzelne Worte im Text (zumeist die Namen der Trinität und Mariens, vereinzelt auch von Heiligen). Eine zweite Hand mit insgesamt runderem Schriftduktus (Schaftbiegung statt -brechung) hat hin und wieder im Elisabeth-Text (und im letzten Viertel des Mechthild-Textes, d.i. Teil II) einige Überschriften ergänzt und scheint auch die Überschriften sowie die Explicit-Zeilen am Ende des Registers im Teil II (6v) geschrieben zu haben.
Buchschmuck:
  • Teilweise rubriziert. Rote Überschriften.
  • Zu Beginn einiger Kapitel einfache Cadellen, z.T. in Schwarz und Rot.
Spätere Ergänzungen: Wenige Korrekturen des Schreibers, z.B. 91r, 109v, 132v. Notazeichen.
Hauptsprache: Teil I: alemannisch
Inhaltsangabe:
  • [°1] 3r-27r Buch I: Elisabeth von Schönau: Liber visionum I, 1-25 (in [°Prolog und] 16 Kapiteln)
    Edition: Friedrich Wilhelm Emil Roth (Hg.): Die Visionen der hl. Elisabeth und die Schriften der Äbte Ekbert und Emecho von Schönau. Mit einem historischen Abrisse des Lebens der hl. Elisabeth, der Äbte Ekbert und Emecho von Schönau. Ein Beitrag zur Mystik und Kirchengeschichte, Brünn 1884
  • 27r-62r Buch II: Elisabeth von Schönau: Liber visionum I, 26-77 und Prophetia Elisabethae (in 22 Kapiteln)
    Edition: Roth (1884) und Ders. (1911): Aus einer Handschrift der Schriften der heil. Elisabeth von Schönau, in: Neues Archiv 36 (1911), S. 220
  • 62r-112v Buch III: Elisabeth von Schönau: Liber viarum Dei 1-19 und Adiuratio conscriptoris (in 18 Kapiteln)
    Edition: Roth (1884)
  • 113r-130v Buch IV: Elisabeth von Schönau: Liber visionum II, 31; Liber viarum Dei 20; Liber revelationum Elisabeth de sacro exercitu virginum Coloniensum 1-21; Epistolae 5, 6, 11 und Visio Egberti de Ursula (in 6 Kapiteln)
    Edition: Roth (1884) und Spiess (1935), S. 120-217 (Paralleldruck des ›Liber revelationum Elisabeth de sacro exercitu virginum Coloniensum‹ mit St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 591, einer anderen Übersetzung dieses Textes, s. dazu Köster 1951, S. 301f., Nr. 106).
  • 130v-142v Buch V: Elisabeth von Schönau: Epistolae 1-4 und 7-17 (in 14 Kapiteln)
    Edition: Roth (1884)
  • 142v-159r Buch VI: Elisabeth von Schönau: Epistola Eckeberti ad cognatas suas de obitu domine Elisabeth 1-2 (in 12 Kapiteln)
    Edition: Roth (1884). Zur detaillierten Abfolge der einzelnen Auszüge aus Elisabeths Schriften s. Spiess (1935), S. 57-60 und Köster (1951), S. 270, Nr. 33.
Kodikologische Einheit: 2. Teil
Seiteneinrichtung: Schriftraum 15-17 x 9-10 cm, 23-27 Zeilen.
Schrift und Hände: Identisch mit der Text-Hand von Teil I. Auch die beiden Hände, die die Überschriften besorgt bzw. korrigiert sowie die Anfangszeilen der jeweiligen Kapitel eingetragen haben, finden sich in Teil I. Die Schreibersignaturen H. v. S. bzw. H. v. Sch. (beide am Ende des Registers auf 6v) einer dieser Hände – sie scheint die Überschriften im letzten Viertel des Mechthild-Textes ergänzt sowie die Explicit-Zeilen am Ende des Registers geschrieben zu haben – und die Ligatur MK am Ende des Mechthild-Textes (220r, von der Text-Hand eingetragen?) ließen sich mit den gängigen Hilfsmitteln nicht identifizieren.
Buchschmuck:
  • Rubriziert, rote Überschriften und wenige Unterstreichungen. Zu Beginn der Kapitel rote Majuskeln, z.T. das erste Wort in Rot, z.T. die ganze erste Zeile in Schwarz oder Rot hervorgehoben.
  • 1-5zeilige einfache Cadellen in Rot.
Spätere Ergänzungen: Korrekturen des Schreibers, z.B. 36r, 131r, 155r. Korrekturen des Rubrikators 18r, 25r, 30r. Streichung in Rot 59r, 174v. Zahlreiche Handweiser, z. B. 8r, 52r, 73r, 123r. Notazeichen.
Hauptsprache: Teil II: niederalemannisch mit Elementen der Basler Schreibsprache
Inhaltsangabe:
  • 2r-6v Register.
  • 1r-220r Mechthild von Magdeburg: Das liecht der Gotheit
    Edition: Senne (2002).
    Neuedition: Mechthild von Magdeburg: „Lux divinitatis“ – „Das Liecht der Gotheit“. Synoptische Edition der lateinischen Übersetzung des „Fließenden Lichts der Gottheit“ und deren alemannischen Rückübersetzung, hg. von Balázs J. Nemes und Elke Senne unter Leitung von Ernst Hellgardt, Berlin: de Gruyter (voraussichtlich 2011)