Wil, Dominikanerinnenkloster St. Katharina, Chronik ("Konventsbuch")
Creative Commons License

Mengis Simone, Schreibende Frauen um 1500. Scriptorium und Bibliothek des Dominikanerinnenklosters St. Katharina St. Gallen (Scrinium Friburgense 28), Berlin 2013, S. 307-309.

Titolo del codice: Konventsbuch [früher: Chronik]
Datazione: Datierung ca. 1481/82-1528
Segnatura precedente: P. Pius Kolb, St. Galler Stiftsbibliothekar im 18. Jh., nannte die Hs. “Hausbuch der Angela Varnbühler”; Lehmann sprach von der "Hauschronik" (Lehmann, MBK I [1918], S. 147f., ebd. auch das Zitat von P.Pius Kolb), seit Vogler heisst sie nur noch "Chronik"; Rüther/Schiewer bezeichnen sie als “Reformchronik” (Rüther/Schiewer, Predigthandschriften [1992], S. 186, Anm. 75) und Rüegg neuerdings als "Konventsbuch" (Rüegg, Chronik [2010], S. 74f.). Zu P. Pius Kolb siehe HBLS IV (1927), S. 527: St. Galler Stifsbibliothekar 1748-†1762; sein Katalog der St. Galler Handschriften (1755-59 entstanden) blieb infolge Krankheit (ab 1760) ungedruckt, ebenso seine "Chronik des Kloster St. Katharina Wil". In der Handschrift selbst findet sich kein dem heute gebräuchlichen Titel "Chronik" entsprechender Eintrag von zeitgenössischer Hand; auch in den Bücherverzeichnissen von 1484 und 1507 ist die Handschrift nicht explizit genannt. Dasselbe gilt für das sog. "Schwesternbuch".
Supporto materiale: Papier
Wasserzeichen mehrheitlich die bereits aus anderen Katharinen-Handschriften bekannten: die charakteristischen Ochsenköpfe in verschiedenen Varianten, darunter der Ochsenkopf mit Augen und Nüstern, mit Stange und Z, z.B. f. 3, wie in Codd. sang. 363 und 1916 (siehe dort; hier das rechte Auge höher sitzend, das rechte Ohr nach unten hängend, die rechte Wange eingedrückt); f. 4 mitra-ähnliche Marke (wie in Codd. sang. 363, 406, 1916, siehe dort); f. 19 ff. kleine Krone (wie in Cod. sang. 1066, f. IIII-xlii, siehe dort); f. 106ff. Frauenkopf, wie im Urbar-Registerheft (s. dort).
Aus anderen Katharinen-Handschriften nicht bekannte Wasserzeichen: ein kleiner, etwas unförmiger Ochsenkopf mit kleinen Augen, kleinen, runden Ohren und schmalen, sehr flach und weit auseinandergebogenen Hörnern f. 66-69, recht gut sichtbar f. 67, entfernt ähnlich Piccard, Wasserzeichen II/2 (1966), Abt. VII, Nr. 226 (Basel, Strassburg 1489), nur dass dieses Modell als Beizeichen Stange mit Stern hat (hier ev. das Beizeichen nicht sichtbar?), nicht bei Briquet; des weiteren f. 135 Kelch, sehr gut sichtbar f. 155 und f. 167, sehr ähnlich Briquet, Filigranes II (1907), Nr. 4546 (u. a. Sitten 1490, Luzern 1492, Freiburg i. Br. 1494); gegen Schluss noch eine grosse Krone, f. 175 der untere, f. 180 der obere Teil, nie ganz sichtbar.
Dimensioni: 187 folia
Formato: 29 (28, 5) x 21,5 (21) cm
Composizione dei fascicoli: II[1]-4, VIII[5]-20, VI21-32, VII33-46, X47-66, VIII68-82, IV83-90, VIII91-106, IV107-114, dann vermutl. III[+1]115-121, IV122-129, f. 130-134 unklar: II[+1?] oder III[-1?]?, III140-145, VIII135-150, IX[+1]151-169, IX[+1]170-187.
Tipo di scrittura e mani:
  • Anlagehand Angela Varnbühler, anfangs in ihrer charakteristischen, disziplinierten und formbetonten Bastarda, ab dem Jahr 1481 abwechselnd mit der Hand der Elisabeth Muntprat. Angela Varnbühler schreibt über die Jahre kontinuierlich immer wieder passim Einträge; ihre Schrift entwickelt sich jedoch zu einer stärker rechtsgeneigten, weniger ausgeformten Halbkursive (siehe Abb. 5 und 11). Ihr letzter eigenhändiger Eintrag betrifft das Jahr 1505 (geschrieben im Alter von 64 Jahren); in den letzten Jahren vor ihrem Tod (1509) schrieb sie nicht mehr selbst in die Chronik, sondern diktierte einer Mitschwester (die Einträge f. 106r [1505], f. 109r [1506], f. 113r [1507]), mit der Nennung von mine[m] lieben vetter hansen varnbueler stammen sicher nicht von der Hand der Angela Varnbühler).
  • Als weitere bekannte Schreiberinnen-Hände liessen sich identifizieren: Cordula von Schönau (f. 70v-71v), Justina Blarer (f. 86r, f. 87r, f. 87v-88v, f. 96v-97r, f. 111v-114v und passim e.m.), Sapientia Wirt, Elisabeth Schaigenwiler (f. 132v-143v) und Regula Keller (f. 102r-v, f. 115v f., f. 152r, 152v, f. 154r-157r, f. 158r-161r, f. 160r (unten)-v, f. 162v-164r, f. 169r ff., f. 175v, f. 185r).
Legatura:
  • Einband neu: Karton, mit schwarzer Leinwand (Kunstleder?) überzogen, keine Schliessen.
  • VD und HD Spiegelblatt Papier, vorne und hinten je ein papierenes Schmutzblatt, vorne zusätzlich die bischöfliche Rückgabeerklärung eingebunden (nach dem Schmutzblatt).
Contenuto:
In der Chronik finden sich Berichte und Notizen aus den verschiedensten Bereichen der zeitgenössischen Konventsgeschichte: Die Anlagehand der Angela Varnbühler setzt (ex post) ein mit ihrer Wahl zur Priorin 1476, und fährt fort mit einem Verzeichnis der Konventualinnen sowie mit Berichten von der Durchführung der ersten Schritte zur Reformierung des Klosters. Die weiteren Einträge, in chronologischer Abfolge, betreffen die verschiedensten Begebenheiten aus dem alltäglichen Konventsleben: Eintritte von Novizinnen und deren spätere Profess; Todesnachrichten (von Konventualinnen, Angehörigen und Freunden); Stiftungen (von Jahrzeiten und Zinsen) und Schenkungen; Bücherherstellung im Scriptorium; Ökonomie des Klosters (Jahresrechnungen der Schaffnerin, Verwaltung, Landerwerb [Äcker, Wald, Rebberge]); Aus- und Umbau sowie künstlerische Ausstattung der Klostergebäude; zeitgenössische Geschehnisse aus der Kloster- und Ordensgeschichte - sogar das Ereignis der Sonnenfinsternis im Jahre 1485 hat mit einem Eintrag der Priorin Eingang in die Chronik gefunden (f. 45r).

Origine del manoscritto: Zur Abfassungszeit der Chronik vgl. ebd. f. [5]v: In einem eigenhändigen Eintrag berichtet Angela Varnbühler u. a. von der Verwundung der Subpriorin Ursula Eberli in den Tumulten anlässlich des Beginns der gemaind im Jahr 1459; jedoch habe Ursula Eberli danach noch xxij Jahre gelebt; daraus ergibt sich als Todesjahr für Ursula Eberli 1481; d. h. die Chronik kann nicht vor 1481 angelegt worden sein, daher Beginn der Eintragungen vermutlich 1481/82: Vorne ist ein Binio (f. [I]-4) eingeheftet, leer bis auf f. [I]r, mit der Jahresrechnung der Schaffnerin zum Jahr 1481. Die ersten "gebundenen" Einträge erfolgten demnach ex post: Auf die autobiographischen Einträge der Angela Varnbühler und das Konventsverzeichnis (f. 6r-v) folgen f. 7r-v Einträge zu Land- und Walderwerb (datiert ins Jahr 1476), sodann die Jahresrechnung der Schaffnerin zum Jahr 1477 sowie Eintritte von Novizinnen im selben Jahr. Die Wasserzeichen (s. o.) lassen keine exakte Datierung, nur eine ungefähre chronologische Einordnung (in die 1480er Jahre) zu. (Nota: Rüther/Schiewer, Predigthandschriften (1992), S. 174, mit der Datierung »1450-1528«, ohne Begründung; Rüther, Schreibbetrieb (1999), S. 656, Anm. 10: »1492 und später«, ohne Begründung; nicht nachvollziehbar die Datierung »1420 bis 1528« bei Ehrenschwendtner, Bildung (2004), S. 282, mit Bezug auf Vogler in Anm. 52.)
Bibliografia:
  • Vogler S. 260, Nr. 87.